Der Weg schlängelt sich durch windstillen Regenwald von Gabun. In der Nachmittagshitze sirren Insekten, mächtige Bäume wechseln sich mit Dickicht ab, manchmal fallen Sonnenstrahlen bis auf den Waldboden. Alain Moundounga geht rasch voran.

Allmählich verändert sich die Landschaft. Rundliche Felsen fassen jetzt einen Bachlauf ein. «Hier entdeckte ich mal eine Python zwischen den Steinen», murmelt er beiläufig im Gehen. Der laubbedeckte Pfad führt nun aufwärts, rechts fällt es steil ab zu einer felsigen Schlucht mit rauschendem Wasser. Der Naturführer bedeutet mit einem Handzeichen, dass das Ziel erreicht sei. Die kleine Gruppe schwitzender Touristen kniet sich in das feuchte Laub, den Blick gebannt in die Schlucht gerichtet. Alle hoffen auf eine ornithologische Rarität: die Buntkopf-Stelzenkrähe oder den Buntkopf-Felsenhüpfer.

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Die Schweizer Ornithologie-Touristen gelangten dank einer vogelkundlichen Reise in diesen entlegenen Winkel der Welt, mitten in den Regenwald Zentralafrikas. Alain Moundounga stammt aus der Umgebung des Ivindo-Nationalparks, wo die besonderen Buntkopf-Stelzenkrähen leben. Er führt regelmässig Touristen an diesen verborgenen Ort im Wald. Stelzenkrähen werden seit vielen Jahren in Europa nicht mehr gehalten. Diese Rarität zu entdecken, ist einer der Höhepunkte der Reise. Doch nicht nur das: Das Morgengrauen auf einer Bai, einer Waldlichtung mitten im zentral-afrikanischen Regenwald, wo salzhaltige Erde zutage tritt und wo sich Waldelefanten, Sitatungas, Pinselohr- und Riesenwaldschweine daran gütlich tun, gehört ebenso zu den unvergesslichen Erlebnissen der Reise wie die Begegnung mit einem Trupp Schimpansen entlang des Flusses Ubidi. Die Menschenaffen überqueren in aller Ruhe das Flachwasser eines Urwaldflusses, während die Reiseteilnehmer im Dickicht die harmonische Szenerie bestaunen.

 

Was braucht es für eine Tropenreise?Für die Einreise in die meisten Länder braucht es ein Visum. Der Reiseveranstalter oder das Konsulat informieren. Mehrere Wochen vor der Abreise sollte ein Tropenarzt für eine reisemedizinische Beratung konsultiert werden. Sie umfasst Empfehlungen für Impfungen und Vorbeugemassnahmen sowie einen Impfplan für Schutzimpfungen entsprechend den besuchten Ländern. Nicht in jeder Region sind die gleichen Impfungen notwendig. Der Impfausweis ist dem Tropenarzt vorzulegen. Viele Länder verlangen bei der Einreise eine Gelbfieberimpfung, die durch den Tropenarzt in einem internationalen Impfausweis eingetragen wird.

Dank der von einem spezialisierten Reisebüro organisierten Reise werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer direkt zu den vielversprechendsten Beobachtungspunkten geführt, haben Kontakte zu lokalen Führern und kehren mit einer grossen Ausbeute an Erlebnissen und Bildern zurück. Am Ende der Reise sehen ihre Vogelführer zerfleddert aus, hinter zahlreichen Vogelarten sind Notizen eingetragen; dank lokaler Kenner haben sie diese gesehen.

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Geführte Naturreisen, ob in Gruppen oder individuell gebucht, sind beliebt. Natürlich können Reisen auch auf eigene Faust unternommen werden. Gerade in Ländern des Südens ist das allerdings nicht immer so einfach. Es braucht viel mehr Zeit, und es ist schwierig zu eruieren, an welchen Orten sich gewisse Arten wann zeigen. Das Risiko besteht, fehlgeleitet zu werden oder die kundigen Leute nicht zu treffen. Sich allein fortzubewegen, ist anspruchsvoll, lange Wartezeiten auf Busse sind vorprogrammiert.

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Die kleine Gruppe in Gabun aber wird an einem Nachmittag durch Alain Moundounga direkt zur Buntkopf-Stelzenkrähe geführt – und erlebt dort für sie etwas Unvergessliches. Es geht gar nicht lange und die besonderen Vögel kommen durch die Schlucht angeflattert, landen auf einem Felsen, fliegen in die Tiefe der Schlucht. Alain erklärt: «Die Vögel kleben ein Nest aus Lehm und Pflanzenmaterial an die Felswand.» Plötzlich zieht ein Gewitter auf. Donnergrollen wird lauter. Erste Tropfen klatschen durch das Blätterdach der Kronenschicht auf den Waldboden, die Luft riecht modrig feucht. Optische und sinnliche Erlebnisse im Regenwald Zentralafrikas, die sich einprägen.

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Naturschutz dank Touristen

Reisen in Naturräume der Tropen sind wegen der langen Flüge ökologisch fragwürdig, können aber auch dazu beitragen, dass Lebensräume bewahrt werden. Der Frankfurter Zoodirektor Professor Dr. Dr. Bernhard Grzimek (1909–1987) entwickelte die Idee der Naturreisen erstmals für Ostafrika. Er machte in den 1960er-Jahren die Serengeti mit ihren Tierwanderungen einem grossen europäischen Publikum durch das Buch «Serengeti darf nicht sterben» und durch Fernsehbeiträge bekannt.

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Indem er die Präsidenten Tansanias, Kenias und Ugandas vom Wert ihrer Natur überzeugte und ihnen den Tourismus als Einnahmequelle versprach, gelang es, grosse Gebiete als Nationalparks zu schützen. «Die Serengeti ist für Ostafrika, was die Akropolis für Griechenland ist», proklamierte er sinngemäss. Niemandem würde es einfallen, die Akropolis abzureissen. Darum müssten auch die Savannen und ihre Tiere grossräumig geschützt werden. Bis heute reisen Touristen der Tiere wegen nach Afrika.

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Wenn die lokale Bevölkerung kontinuierlich Einnahmen aus dem Tourismus generiert, hat sie ein Interesse daran, dass die Tierwelt, derentwegen die Reisenden in die Region kommen, erhalten bleibt. Naturtourismus kann zugleich einer Aufsichtsfunktion gleichkommen, beispielsweise im Dzanga-Sangha-Schutzgebiet im Südwesten der Zentralafrikanischen Republik. «Bleiben die Touristen aus, wie beispielsweise während politisch unruhiger Zeiten, haben Wilderer ein leichtes Spiel. Diese erlegen Waldelefanten und andere Tiere wegen des begehrten Elfenbeins und des Fleisches», sagt die aus den USA stammende Waldelefantenforscherin Andrea Turkalo, die während fast 30 Jahren bis 2017 für die Wildlife Society in Bayanga Waldelefanten erforschte.

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Ähnlich funktioniert es auch im Nordosten Brasiliens in den Bundesstaaten Bahia und Piaui. Dort führen ehemalige Fänger von Hyazintharas Touristen an den Fuss der Brutfelsen der Arapapageien oder in einen Unterstand, um sie zu beobachten. «Früher nahmen wir Jungvögel aus und verkauften sie einem Zwischenhändler», sagt Lourival Lima, während er in einem Versteck steht, durch einen Ausguck späht und etwa 40 Hyazintharas vor sich sieht, die sich über Palm-nüsse hermachen.

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Lourival Lima und seine Kollegen haben sie ausgebracht, um die spektakulären Vögel anzulocken, nicht mehr, um sie zu fangen, sondern um sie Reisenden zu zeigen. Sternstunden mit Hyazinthen für Touristen. Im brasilianischen Pantanal vermieten Bauern Unterkünfte an Touristen und schützen die azurblauen Vögel. Solche Aktionen haben erfolgreich dazu geführt, dass der Bestand der Art in Brasilien wieder zunimmt.

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In eine andere Weltgegend zu reisen, verbinden Naturinteressierte damit, neue Lebensräume kennenzulernen, Tiere zu beobachten, Pflanzen zu bestimmen und exotische Szenerien in sich aufzunehmen. Was von Büchern oder durch Naturfilme bekannt ist, selbst in natura zu erleben, reizt.

Reisen hat in der Schweiz einen hohen Stellenwert. Wer erzählt, dass er bald Ferien habe, erntet prompt die Frage, wo er hinreise. Nur eine Minderheit der Weltbevölkerung hat allerdings bezahlte Ferien. Und von denjenigen, welche dieses Privileg haben, fehlen den meisten die finanziellen Möglichkeiten zum Verreisen.

Naturferien sind nicht nur in den Tropen, sondern auch innerhalb der Schweiz möglich. Auf kleinem Raum befinden sich Lebensräumen unterschiedlicher Ausprägungen. Der Vorteil: Reisen in der Schweiz ist einfach. Die Anfahrtswege sind kurz, auch in die unzugänglichsten Winkel fährt der öffentliche Verkehr. Und manchmal entsteht auch da ein Gefühl, weit weg zu sein, beispielsweise bei einer Wanderung oberhalb des Lac de Joux durch den Jura über den Mont Tendre. In Richtung Süden ragen die schneebedeckten Berge hinter dem Genfersee auf, nördlich ziehen sich dunkle Tannenwälder bis an den Horizont. Das ist der Lebensraum der letzten Auerhähne des Juras, und es ist gar nicht so unwahrscheinlich, dieser Hühnervogelart dort zu begegnen. Es müssen nicht Stelzenkrähen sein!

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In den Walliser Steingrassteppen oder oberhalb des Bielersees in den trockenen Flaumeichenwäldern kommt das Gefühl von Mittelmeer auf. Nicht nur Tiere locken zum Reisen, sondern auch Pflanzen. Der Botaniker Adrian Möhl schwärmt von einer Reise, die er im April in den Gargano leitete, den Stiefelsporn Italiens. «Wir sahen Wiesen voller Orchideen, Steinbrech, Veilchenarten. Oft hatten wir Tränen in den Augen. So viel Schönheit auf einem Flecken!» Adrian Möhl gründete Botanikreisen (botanikreisen.ch) mit Gleichgesinnten vor 20 Jahren. «Die Nachfrage ist sehr gross, die Reisen sind immer sofort ausgebucht.» Das Grundprinzip der Reisen sei die Freude an Pflanzen. Viele der Teilnehmer kämen immer wieder und würden zudem Fortschritte in der Pflanzenbestimmung machen. Doch es geht nicht nur um die Bestimmung, sondern auch um Lebensräume, so zum Beispiel im Sommer in La Chaux-d’Abel im Berner Jura. «Wir lernen auf dieser Reise, wie man Lebensräume benennt.» Grundsätzlich seien Biotope dort, wo Menschen tätig seien, besonders vielfältig. So gebe es um La Chaux d’Abel verschiedene Waldtypen, Moore wie Hochmoore, Flachmoore, blumenreiche Magerwiesen, fette Weiden. «Lebensräume sind über Pflanzen definiert und sind sogar im Gesetz verankert», betont der leidenschaftliche Botaniker, der im Hauptberuf im Botanischen Garten Bern und bei Info Flora arbeitet, einer Stiftung, die Wildpflanzen in der Schweiz dokumentiert und fördert. Botanikreisen leitet Adrian Möhl aus Passion.

Gärten und Zoos reisend entdecken

Pflanzen stehen auch auf Gartenreisen im Mittelpunkt. Nicht der Wildlebensraum ist da Thema, sondern die Gartenkultur. Das Gartenland schlechthin ist Grossbritannien. Kein Problem, in einem beschränkten Raum Südenglands während zwei Wochen täglich einen neuen Garten zu besuchen.

Der Buchhandel führt zahlreiche Gartenführer zu England. In keinem fehlt beispielsweise Trebah Garden an der Südküste Cornwalls. Ein verwunschenes Tal führt in Richtung des Sunds des Helford River. Wege schlängeln sich vom Anwesen zuoberst abwärts durch Haine voller anmutiger Baumfarne, die dem Tal tropisches Flair verleihen. Teiche werden von den riesenhaften Blättern der Gunnera überragt. Zuunterst am schlickigen Strand des Flusseinschnitts riecht es nach Tang. Der Garten von Trebah wurde 1831 akribisch angelegt. Der Besitzer Charles Fox liess Holzgerüste erstellen, damit er sich die spätere optische Wirkung der Bäume vorstellen konnte.

Auch an der italienischen Riviera locken spektakuläre Gärten mit mediterraner Vegetation, manche tragen auch da wieder die Handschrift von Briten, wie etwa der Hanbury-Garten in Ventimiglia. Von Genua bis Toulon können Gartenjuwelen per Zug und Bus entdeckt werden.

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Die Bahn als Transportmittel eignet sich für eine weitere Reisesparte. Von der Schweiz aus mit Interrail per Bahn sind Stuttgart, Frankfurt und Köln problemlos nacheinander zu erreichen. In diesen Städten hat es spektakuläre Zoos und botanische Gärten.

InterrailDie Bahn bietet Interrail-Billete an. Dabei handelt es sich um so etwas Ähnliches wie ein GA für ganz Europa. Die Aus- und Rückreise aus dem Heimatland ist inbegriffen. Es gibt Interrail-Billete für ganz Europa oder auf ein Land bezogen. Ein Pass für vier Tage ist das Minimum. Die vier Tage können innerhalb eines Monats bezogen werden. Ein Nachteil des Interrails sind die obligatorischen Reservierungen für die vielen Hochgeschwindigkeitszüge. Dort ist immer eine Sitzplatzreservierung notwendig, die oft zusätzlich sehr teuer ist. Da die Plätze in diesen Zügen oft frühzeitig ausverkauft sind, schränkt dies die Mobilität ein.

In Rotterdam und Amsterdam locken weitere Zoos, die so gross sind, dass sie nur mit Mühe innerhalb eines Tages gesehen werden können. In Brüssel kann in der Nähe der belgischen Hauptstadt das Afrikamuseum in Tervuren besichtigt werden, in Antwerpen liegt der historische Zoo gleich angrenzend an die Bahnhofshalle. Diese Städte lassen sich alle problemlos per Bahn bereisen. Wer die Zugreise zurück über Paris plant, hat in der französischen Metropole mit dem Jardin des Plantes, dem Zoo de Vincennes und dem Aquarium Palais de la Porte Dorée gleich drei zoologische Leckerbissen zum Abschluss.

Es ist gut, auf Reisen ein Ziel zu haben. Tiere und Pflanzen sind hervorragende Beweggründe.

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Reiseanbieter findenAnbieter von Naturreisen inserieren in Fachzeitschriften, beispielsweise in botanischen und ornithologischen Magazinen. Gartenreisen sind in Gartenzeitschriften ausgeschrieben.