Der Lauteste hat die besten Chancen. Was bei Menschen manchmal fehlgehen kann, führt bei Laubfroschmännchen zum Erfolg. In lauen Mainächten beginnen sie wieder mit ihrem «Oäg, oäg, oäg!». Sie sitzen am Ufer im Flachwasser oder im Gebüsch. Männchen bestimmen den Abstand zueinander aufgrund der Lautstärke. Mit einem besonders lautstarken Nachbarn lässt man sich besser nicht ein. Weibchen hingegen suchen aber genau die Nähe der Aufschneider. Der laute Ruf signalisiert: Ich bin stark, habe den Winter gut überstanden, ich kann die besten Gene weitergeben.

Diesem Muster folgen alle Lebewesen in der Natur. Die Fortpflanzung ist eine enorme Antriebskraft. Denn, wer sich nicht vermehrt, stirbt aus. Besonders Arten, die in jedem Frühling neue Partner zur Paarung auswählen, vollführen ausgeprägte Balzrituale. Männchen zeigen Stärke, Schönheit und Kraft, die Weibchen beobachten – und wählen schliesslich den Fittesten zur Paarung. Damit sichern sie sich die besten Gene für ihre Nachkommen. Während Männchen für die Balz mit spezieller Färbung, grossen Geweihen oder Hörnern protzen, bevorzugen es die Weibchen schlicht. Ihr Motto: Nur nicht auffallen. Ihre Aufgabe wird es sein, den Nachwuchs sicher aufzuziehen, Feinde abzulenken oder noch besser, gar nicht von ihnen entdeckt zu werden. Die aufwendig balzenden Herren überlassen die Nachwuchsbetreuung meist den Damen. Ihre Spezialität: sich aufzuplustern.

Viel früher als Laubfroschmännchen demonstrieren Rothirsch-Stiere ihre Stärke. Die Ausmarchung entscheidet sich schon im Herbst – dabei spielt auch hier die Stimme eine Rolle. Werden Rothirsche brünftig, also paarungsbereit, legen sie weite Strecken zurück. Sie lösen sich Ende August aus den Männchengruppen und begeben sich auf die Suche nach Weibchen. Manchmal ziehen sie über 100 Kilometer weit.

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Ein männlicher Rothirsch sucht sich mit Vorliebe einen freien Platz, etwa eine Lichtung, und röhrt. Die sich in der Nähe gruppenweise tummelnden Weibchen lauschen den eindrucksvollen Rufen. Andere Männchen halten gebührend Abstand zum kapitalen Stier. Bietet sich eine Gelegenheit, versuchen sie aber, ihn in einem Kampf wegzudrängen. Schliesslich pflanzt sich der Platzhirsch fort, die anderen bleiben meist Statisten. Jäger bezeichnen sie als Beihirsche. Der Platzhirsch punktet mit besonders mächtigem Geweih. Nebst dem Ruf signalisiert dies den Weibchen Stärke und Kraft. Ihre Vorliebe für mächtige Geweihe führt im evolutiven Prozess dazu, dass die Geweihe der Stiere immer grösser werden. Beobachtet der Platzhirsch, dass sich ein Weibchen aus der Gruppe entfernt, versucht er es zurückzudrängen. An der Jungenaufzucht ist er nicht beteiligt.

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Dem Lied empor klettern

Kavaliere, die sich gar um ihre Jungen kümmern, gibt es unter Wasser: bei den Stichlingen. Die Fische aus der Ordnung der Barschartigen schwimmen in Schweizer Seen und Bachläufen – und leuchten rot, wenn sie männlich, gesund und kräftig sind. Doch sie lassen es nicht damit bewenden. Sie bauen sogar Nester. Eine Mulde im Sand und mit Sekret zusammengeklebtes Wasserpflanzenmaterial lockt Weibchen an. Die beflossten Kraftprotze bluffen nicht nur, sondern sie kümmern sich anschliessend sogar um den Laich und die Jungen.

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Die rote Färbung signalisiert den Weibchen Fitness. Würden die Herren unter Parasitenbefall und mangelhafter Ernährung leiden, schimmerten sie nur blass. So würden sie es nicht schaffen, den besten Platz für das Nest zu sichern. Doch genau dafür interessieren sich die Weibchen, denn sie wollen schliesslich das Beste für ihren Nachwuchs. Hat die Dame ihren Liebhaber auserkoren, vollführen die beiden einen Zickzacktanz und signalisieren einander damit Paarungsbereitschaft.

Der Fisch tänzelt im Wasser, die Feldlerche schwingt sich in den Himmel. So markieren die Männchen mit ihrem unverkennbaren Gesang ihre Reviere und imponieren den Weibchen, wenn sie sich kontinuierlich in die Höhe schrauben, so, als kletterten sie an ihrem Lied empor ans Firmament. Meist schaffen sie es bis in 60 Meter Höhe. Dann bleibt der unscheinbare, braune Vogel als Punkt am Himmel stehen, singt weiter, bis er sich fallen lässt und wie ein Stein in die Tiefe stürzt. Kurz vor dem Aufprall breitet er seine Schwingen aus, bremst ab, setzt auf – und verschwimmt mit dem Braun der Erdscholle oder des brach liegenden Feldes. Das Weibchen schlägt ein, erst recht, wenn der Auserwählte es auch hüpfend umkreist, mit den Flügeln zittert und dem Schwanz wackelt. Ein selten gewordenes Schauspiel. Als typischer Steppenvogel ist die Feldlerche rar geworden. Die intensive Bewirtschaftung von Feldern verunmöglicht es, dass die Vögel ihre Jungen in den Bodennestern aufziehen können.

«Scheinbar desinteressiert beobachten die Hennen das Schaulaufen.»

Die Birkhähne balzen nicht einzeln, sondern versammeln sich zum Schaulaufen ab März auf Arenen in den Alpen. Ihre Erregtheit signalisieren die oberhalb ihrer Augen liegenden feuerroten Flecken, die während der Balzzeit gar noch anschwellen. Der Schwanz ist leierförmig gegabelt, Rücken, Kopfgefieder, Schwingen und Schwanzfedern glänzen während der Balz hauptsächlich schwarz, Flügelbinden und Unterschwanz sind weiss. Die besten Balzplätze besetzen die älteren, ranghohen Hähne, die untereinander ritualisierte Schaukämpfe austragen. Dabei geben sie kullernde und zischende Laute von sich, schreiten gravitätisch umher und flattern mit ausgestreckten Füssen gegeneinander. Scheinbar desinteressiert beobachten die braun gesprenkelten Hennen aus erhöhten Positionen von Büschen und Tannen das Schaulaufen. Haben sie sich entschieden, flattern sie in die Balzarena des eindrücklichsten Hahns, um sich zu paaren. Das Schauspiel des Herrn geht danach weiter, auch wenn sich die Dame davonmacht. Der Werbende hofft auf weitere Paarungen mit anderen Hennen.

Auch Insekten buhlen um das andere Geschlecht. Schmetterlingsmännchen folgen Duftspuren von Weibchen, umflattern sie und werben mit einem Tanz um ihre Gunst. Das Weibchen sieht an der Art des Tanzes, ob das Männchen der gleichen Art angehört.

Sich in Pose werfen, mit Kraft protzen, eine tolle Wohnung bauen, Männchen sind einfallsreich, wenn es darum geht, eine Partnerin zu gewinnen – nicht nur im Reich der Tiere.

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Lebenslang zusammenMonogamie, also das lebenslange Zusammenleben zweier Geschlechtspartner, ist im Tierreich rar, ausser bei Vögeln. Bei Amphibien und Fischen kommt sie höchst selten vor, bei Säugetierarten betrifft monogames Verhalten wohl nur fünf Prozent aller Arten. Vögel, die lebenslang zusammen sind, wie beispielsweise Hyazintharas oder Kolkraben, zeigen eine abgeschwächte Form der Balz. Sie dient der Festigung ihrer Paarbeziehung. Bei Hyazintharas im Zoo, in deren Gehege beispielsweise Agutis lebten, konnte gar vermehrtes Balzverhalten beobachtet werden, so als möchte das Paar ausdrücken: Wir gehören zusammen. Paare, die alleine gehalten werden, zeigen die typischen Verhaltensweisen wie das Kopfschaukeln und Scheinkopulationen besonders dann, wenn Menschen vor der Voliere stehen.