Winterwandern
Winterwandern im Schnee mit dem Hund: Expertin gibt Tipps
Wenn Frau Holle die Decke kräftig schüttelt, gibt es für die meisten Hunde kein Halten mehr. Wie Winterwanderungen zu einem unvergesslichen Erlebnis für Vier- und Zweibeiner und Zitterpartien vermieden werden, erläutert Mandy Klebig, diplomierte Hundephysiotherapeutin und -trainerin.
Welche Wege schlagen Sie mit Ihrem eigenen Hund im Winter ein?
Mandy Klebig: Auf Skitouren oder Winterwanderwegen wähle ich Strecken mit wenigen Menschen aus und achte auf sichere Lawinen- und Schneeverhältnisse. Oft brechen wir frühmorgens auf, damit er frei laufen kann. Wenn mein Hund signalisiert, dass es genug ist, passe ich die Route an oder trage ihn auf der Skiabfahrt. Besonders bei längeren Touren legen wir regelmässig Verpflegungspausen ein. Eine ausreichende Hydration ist unverzichtbar – Schnee ist niemals ein Ersatz für Wasser.
Woran merken Sie, dass Ihrem Hund das Wandern gefällt?
Ich lese seine Körpersprache ganz genau: Wenn er begeistert ist, sind seine Ohren nach vorne gerichtet, die Bewegungen locker und schwungvoll und die Augen leuchten.
Eine gute Vorbereitung ist die halbe Miete: Gilt das auch bei Winterwanderungen?
Auf alle Fälle. Ich baue die Kondition, Koordination und Kraft meines Hundes schrittweise auf, vor allem vor längeren Skitouren. Kondition trainieren wir mittels kontinuierlicher Steigerung von Streckenlänge und Höhenmetern. Für die Trittsicherheit, das Gleichgewicht und die Koordination lasse ich ihn über Wurzeln oder Steine laufen und über Baumstämmen balancieren. Solche Übungen lassen sich einfach in den Alltag integrieren, für ein spezifischeres Training kann eine physiotherapeutische Unterstützung Sinn machen.
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Welche weiteren Aspekte behalten Sie vor und nach einer Tour im Auge?
Neben der körperlichen Vorbereitung lege ich grossen Wert auf das Mentale: Ein entspanntes, ausgeruhtes Tier bewältigt eine Tour deutlich besser. Was nicht alle wissen: Ein Hund braucht viel Routine und Schlaf bzw. 18 bis 20 Stunden Ruhezeit täglich. Nur so kann er neue Eindrücke und Herausforderungen gelassen verarbeiten. Auch eine ausgewogene Ernährung ist entscheidend.
Wie sieht ein guter Pfotenschutz im Winter aus?
Auf eisigen Untergründen können Ballen reissen, und im Tiefschnee bilden sich schnell Schneeklumpen zwischen Zehen und Ballen. Um dies zu vermeiden, kürze ich die Haare an diesen Stellen. Auch ein Pfotenbalsam und Hundeschuhe können sinnvoll sein. Nach Spaziergängen empfiehlt es sich, die Pfoten zu waschen, weil Salz die Haut austrocknet und der Gesundheit schadet.
Welche Hunderassen eignen sich für ausgedehnte Wintertouren?
Bestimmte Rassen wie der Siberian Husky, Alaskan Malamute und Samojede bringen Eigenschaften mit, die sie für Aktivitäten in kalter Umgebung prädestinieren. Sie verfügen über eine dichte Unterwolle und exzellente Ausdauer. Kurzhaarige Rassen ohne Unterwolle wie der Dalmatiner oder Boxer haben bei Minustemperaturen und Schnee die schlechteren Karten: Hier können Hundemäntel Abhilfe schaffen. Kleine Hunde wie der Chihuahua oder Zwergspitz haben aufgrund ihrer geringen Körpermasse und kurzen Beine Schwierigkeiten, im tiefen Schnee voranzukommen und ihre Körpertemperatur zu halten.
Wann raten Sie von Winterwanderungen in luftiger Höhe ab?
Wenn der Hund nicht fit, eher kälteempfindlich oder nicht trittsicher ist, sollte man darauf verzichten. Ebenso wichtig: Auch der Hundehalter muss der Tour gewachsen und in der Lage sein, den Hund im Notfall zu sichern. Ausserdem sollte man die Wetterbedingungen stets im Auge behalten und flexibel bleiben, um die Wanderung notfalls abzubrechen. Nicht zu vergessen: Mit zunehmender Höhe wird die Luft dünner.
Bei welchen gesundheitlichen Einschränkungen ist besondere Vorsicht angezeigt?
Ein gesunder Bewegungsapparat und eine gute körperliche Verfassung sind essenziell. Hunde mit Übergewicht oder Gelenk-, Kreislauf-, Lungen- oder Herzproblemen sollten nur nach Rücksprache mit einem Tierarzt an längeren Winterwanderungen teilnehmen. Auch das Alter spielt eine Rolle: Sowohl sehr junge Hunde mit noch nicht vollständig entwickelten Gelenken und Muskeln als auch ältere Hunde mit gesundheitlichen Einschränkungen wie Arthrose werden an längeren Touren keinen Gefallen finden.
Wie gelingt die Fahrt mit Gondel oder Sessellift?
Nicht alle Hunde fühlen sich in diesen Transportmitteln wohl. An solche Situationen sollte man das Tier langsam heranführen, idealerweise schon in jungem Alter. Das Ein- und Aussteigen kann mit positiven Verstärkungen wie Leckerli und Lob oder im Rahmen eines Kurses gezielt trainiert werden.
Wie erkenne ich, ob mein Hund müde, erschöpft oder überfordert ist?
Hilfreich ist genaues Beobachten: Anzeichen von Müdigkeit können ein angespannter Körper, das wiederholte Hinlegen nach kurzen Strecken, ein ausdrucksloses Hinterhertraben oder auch Stresssymptome wie Durchfall sein. Dann ist es Zeit für eine Pause auf einer Decke, um dem Tier Wasser und Futter zu verabreichen und Wärmeverlust zu verhindern. Zungenverfärbungen, Schwanken, Stolpern, Muskelzittern, Unruhe, Verwirrtheit oder Erbrechen sind Zeichen starker Erschöpfung – in solchen Situationen gilt es unverzüglich zu handeln.
Wie leiste ich Erste Hilfe bei Unterkühlung?
Unterkühlung lässt sich eigentlich gut verhindern: Ein Hund ohne Unterwolle sollte während der Tour unbedingt einen Mantel tragen. Zeigt er dennoch Unterkühlungssymptome, helfen eine Notfalldecke und eine sanfte Beinmassage in Richtung des Herzens, um die Durchblutung anzuregen.
Welches Equipment gehört in den Rucksack?- Erste-Hilfe-Set für Hunde
- Futter und Wasser
- Notfalldecke
- Telefon
- Pfotenschuhe
- Handtuch zum Abtrocknen
- Hundemantel für Tiere mit wenig Unterwolle oder bei sehr tiefen Temperaturen
- Karabiner, Kurzleine und Sicherheitsgeschirr für heikle Passagen
- Bei Touren abseits markierter Wege: Lawinenverschütteten-Suchgerät (LVS), Schaufel und Sonde
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