Hunde kauen oft aus Langeweile oder zur Stressbewältigung – im schlimmsten Fall noch auf den Schuhen von Frauchen oder Herrchen. Doch Dinge zu zerbeissen, gehört zu den Grundbedürfnissen eines Hundes. Richtig kanalisiert, trägt es laut Veterinärzahnarzt Stefan Grundmann zur Zahngesundheit bei. «In der freien Wildbahn nimmt das Zerkleinern und Kauen der Nahrung einen grossen Teil des Tages ein. Unsere Haushunde, die in wenigen Minuten gefüttert werden, machen dies zu wenig», sagt der Experte Stefan Grundmann.

Die Zähne unseres treuen Begleiters sind also unterbeschäftigt. Der Veterinärzahnarzt sagt dazu: «Kauen die Hunde zu wenig, reinigen sich die Zähne weniger selbst. Das erhöht die Chance auf Erkrankungen.» Deshalb lautet das Credo: die Kautätigkeit des Hundes zu fördern, sei dies mit Kausnacks oder Kauspielzeugen. «Grundsätzlich sind alle Dinge zu empfehlen, auf denen der Hund gerne kaut. Je länger er kaut und je tiefer die Zähne in das Material eindringen müssen, desto besser.» Doch nicht alles, was kaubar ist, sollte auch zwischen Fidos Zähnen landen. Grund dafür ist das Gebiss. Hunde haben 42 Zähne und gehören zu den Raubtieren. Jede Zahngruppe hat eine spezifische Aufgabe: Mit den ausgeprägten Eckzähnen fängt der Hund die Beute. Mit den hinteren Backenzähnen wird die Nahrung zerkleinert, und die Schneidezähne sind dazu da, kleinere Nahrungsstücke vom Knochen zu knabbern oder sowohl das eigene Fell als auch jenes der Artgenossen zu pflegen. «Eine ganz besondere Funktion haben die Reisszähne. Sie wirken wie eine Brechschere», erklärt der Experte.

Qualität geht vor

Zähne sind eingeteilt in Prämolare (vordere Backenzähne), jene haben einen Vorläufer im Milchgebiss, und in Molare (hintere Backenzähne im bleibenden Gebiss). Diese haben keinen Vorläufer. Der vierte Prämolare im Oberkiefer und der erste Molare im Unterkiefer bilden die Reiss-zähne. Diese zerbrechen die Nahrung wortwörtlich und sind grossem Druck ausgesetzt. «Es sind die stärksten Zähne eines Hundes», merkt Grundmann an. Diese sind beim Kauen von hartem Material sehr hohem Druck ausgesetzt – wird dieser zu gross, kommt es zu Problemen. Ausschlaggebend für den richtigen Kausnack sind die Grösse des Hundes und die Stärke seines Gebisses. «Kausnacks sollten nicht zu hart sein und die Hunde sollten lange daran zu kauen haben», so Grundmann. Von Knochen rät der Zahnmediziner grundsätzlich ab. Erstens spielten Knochen für die Ernährung eine untergeordnete Rolle und zweitens habe er immer wieder Patienten, die sich die Reisszähne an zu harten Knochen abgebrochen haben. Stattdessen empfiehlt der Experte Gelenke und Knorpel, da sie weich sind und der Hund sie Stück für Stück zerlegen muss.

Die alte Weisheit, Hunden keine Hähnchenknochen zu verfüttern, bestätigt Grundmann. «Diese splittern. Hühnerfüsse oder -hälse sind besser.» Als Kausnacks sehr gut geeignet sind Tierhäute oder getrocknetes Fleisch. Hundebesitzer sollten einen genaueren Blick auf die Nährwertangaben und die Inhaltsstoffe werfen. «Einige der Produkte enthalten Geschmacksverstärker oder Konservierungsmittel. Es lohnt sich daher, auf qualitative und möglichst unverarbeitete Kausnacks zu setzen», erklärt er.

Zum Wohle der Zahngesundheit

Einen positiven Effekt auf die Zahnhygiene haben auch sogenannten «Dental-Futtermittel». «Diese sind auf eine bestimmte Art gepresst und zerkrümeln nicht. Ihre Konsistenz ähnelt einem Radiergummi», erklärt Grundmann. So müssen die Hunde auch hier ordentlich kauen.

Gewisse Produkte werben damit, Plaque zu verringern. Plaque, umgangssprachlich auch Zahnbelag genannt, setzt sich aus Bestandteilen des Speichels, Bakterien der Mundhöhle und Nahrungsresten zusammen. Bereits nach zwei Tagen beginnt sich daraus Zahnstein zu bilden. «Besonders anfällig für Zahnstein sind Klein- und Zwerghunderassen, die nicht besonders kaufreudig sind und daher häufig mit Nassfutter gefüttert werden.» Mops und Yorkshire Terrier hätten beispielsweise oft mit Zahnstein zu kämpfen. Grosse Hunde mit physiologisch korrekter Zahnstellung hingegen weniger.

Noppen und Schnüre

«Kauspielzeuge sollen Hunde zum Kauen animieren, insbesondere jene, die wenig kauen», sagt Grundmann. Auch hier gilt jedoch: Harte Materialien können schädlich sein. Harte Hölzer oder Geweihe sind wie Knochen nicht als Kauspielzeug geeignet. Problematisch sind aber auch Tennisbälle. An diesen lagert sich Sand oder Erde ab. Der Zahnmediziner erklärt: «Das wirkt wie Schmirgelpapier und schädigt den Zahnschmelz des Hundes.»

Der Veterinärmediziner empfiehlt daher Kauspielzeuge mit vielen einzelnen Fäden, diese reinigen die Zahnzwischenräume des Hundes, ähnlich wie Zahnseide beim Menschen. Gummispielzeuge können, sofern sie mit Noppen versehen sind, ebenfalls zur Zahnpflege beitragen.

Zähne putzen als Prophylaxe

Das natürlichste Kauspielzeug ist Holz. Findet der geliebte Vierbeiner einen Ast im Wald und kaut darauf herum, ist das aus zahnmedizinischer Sicht fast unbedenklich.

Der Veterinärzahnarzt ergänzt: «Vorsicht gilt aber bei Astlöchern – diese können die Zähne überlasten.» Holz kann aber auch aus anderen Gründen bedenklich sein: Es kann splittern und dann im Rachenraum oder im Verdauungstrakt für Verletzungen sorgen. Darüber hinaus sind einige Hölzer, wie Eibe oder Walnuss, giftig für Hunde. Durchfall, Zittern oder Erbrechen können Vergiftungssymptome sein.

«Hundebesitzer sollten die Kautätigkeit ihrer Vierbeiner möglichst früh mit geeigneten Futtermitteln fördern. Eine Kombination aus Kausnacks, Kauspielzeugen und Trockenfutter statt Nassfutter, ist am sinnvollsten», empfiehlt der Veterinärzahnarzt. «Am effektivsten bleibt jedoch das Zähneputzen – besonders bei kaufaulen Rassen. Grundmann rät zudem Hundebesitzern, die Zahngesundheit ihres Vierbeiners regel-mässig zu überprüfen.