Fit und Fun für Fifi und Frauchen
Hundesport: Agility, Dogdancing und Co.
Hundesport fordert Hunde körperlich und geistig und stärkt die Bindung zu ihrem Halter. Ob Agility, Obedience oder Mantrailing, für jedes Team gibt es die passende Disziplin. Mitmachen kann praktisch jeder.
In einem Matrosenkostüm betritt Eva Karrer mit ihrer Husky-Hündin Fendi die Arena an der Schweizer Hundemesse in Winterthur. Fendis Aufmerksamkeit gilt ganz ihrem Frauchen, als die Musik einsetzt. «What shall we do with the drunken sailor?» («Was sollen wir mit dem betrunkenen Seemann machen?») – passend zum Liedtext wiegt sich der Husky rhythmisch von links nach rechts. Gemeinsam präsentiert das Duo eine mitreissende Dogdance-Show mit eleganten Tanzschritten, akrobatischen Sprüngen und kreativen Tricks, die das Publikum begeistern. Der tosende Applaus am Ende ist ihnen sicher. Nach der Vorführung wird die Arena umgebaut, und die Messebesucher erhalten Einblicke in weitere Hundesportarten wie Agility, Hoopers, Treibball und Fitness-Loop.
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Die Präsentationen werden von der Hundehalle Neftenbach organisiert. Ralph von Fellenberg, deren Inhaber, steht bereits mit seiner Parson-Russell-Terrier-Hündin Paloma für den nächsten Auftritt bereit. Obwohl sie bereits neun Jahre alt ist, zeigt sie mit Begeisterung ihr Können in Hoopers und Agility. Ein Glück, dass von Fellenbergs Frau Gaby, Tierärztin und Hundesport-Physiotherapeutin, mit ihrem Fachwissen die Vierbeiner unterstützt.
Für von Fellenberg ist klar: Hundesport muss an die individuellen Voraussetzungen des Tieres angepasst werden. «Nicht jeder Hund ist für jede Disziplin geeignet», erklärt er. Besonders beim Agility, wo Hunde einen anspruchsvollen Parcours in möglichst kurzer Zeit bewältigen, sind Wendigkeit und Ausdauer gefragt. «Wer mit einem Mops zur Agility-WM will, ist auf dem Holzweg», so von Fellenberg schmunzelnd.
Die richtige Sportart für jeden Hund
Obwohl inzwischen viele Hundeschulen entsprechende Kurse anbieten, bedeutet das nicht, dass jeder Hund jede Disziplin meistern kann. Kurzschnäuzige Rassen wie Möpse oder Englische Bulldoggen neigen zu Atemproblemen und sind aufgrund ihres Körperbaus wenig beweglich. «Sportarten mit hohen körperlichen Anforderungen sind für diese Rassen ungeeignet», betont von Fellenberg. Alternativen wie Dogdance oder Schatzsuche hingegen eignen sich für fast jeden Vierbeiner.
Jedoch sollte man bei jeder körperlastigen Sportart darauf achten, nicht zu früh mit dem Training anzufangen. «Ein zu frühes Springen und Landen schädigt Knochen und Gelenke und ist daher schlecht für einen gesunden Skelettaufbau», erklärt von Fellenberg. Welpen können sich in Welpenspielgruppen austoben, und ab einem Alter von 16 Wochen sollten sich die Besitzer auf die Erziehung der Grundkommandos wie «Sitz», «Platz» und «Bleib» konzentrieren. Denn unabhängig von der Disziplin gilt: Ohne Grundgehorsam funktioniert kein Hundesport.
Bedauerlich findet von Fellenberg, dass immer mehr Halter die sportlichen Leistungen ihres Hundes über dessen Wohl stellen. «Ich habe Besitzer erlebt, die sich alle sechs Jahre einen neuen Hund anschaffen, weil der alte nicht mehr wettkampftauglich ist.» Dabei sollte der Spass – für Zwei- und Vierbeiner gleichermassen – im Vordergrund stehen.
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Spass als oberste Priorität
Für Eva Karrer ist genau das der wichtigste Aspekt beim Dogdance. Wettkämpfe haben sie nie interessiert. Vielmehr geht es ihr um die Verbindung zu ihren Tieren – eine Beziehung, die sie nachhaltig aufbaut und stärkt. Besonders Husky Fendi liegt ihr am Herzen: Sie hat die Hündin aus einem ägyptischen Tierheim adoptiert, wo sie in katastrophalem Zustand ankam. «Jemand hatte sie als Welpe vermutlich mit heissem Wasser verbrüht. Ihre Haut war von Wunden übersät, und wir wussten nicht, ob sie aufgrund der Verletzungen erblinden würde», erinnert sich Karrer. Heute sieht man Fendi kaum noch an, was sie durchgemacht hat. Trotz ihrer traumatischen Erfahrungen bleibt sie auch vor Publikum gelassen und folgt begeistert den Kommandos ihres Frauchens.
Neben Fendi gehören noch Border-Collie-Mischling Blue, zwei Pferde und zwei Maultiere zu Karrers tierischem Haushalt. Allen bringt sie regelmässig neue Tricks bei. Dabei ist jedoch Vorsicht geboten, wie sie aus eigener Erfahrung weiss. «Ich wollte einem meiner früheren Hunde, einem Border Collie, beibringen,draussen im Garten sein Geschäft zu verrichten»,erzählt sie. Jedes Mal, wenn er dort urinierte, wurde er belohnt. «Plötzlich fing er an, Unmengen an Wasser zu trinken. Erst dachte ich, es könnte ein Nierenproblem sein. Doch dann wurde mir klar: Er wollte einfach öfter pinkeln – und damit mehr Belohnungen kassieren.»
Ihr aktueller Border-Collie-Mix Blue hat mittlerweile eine eigene Dogdance-Routine – ein romantischesDuett mit Frauchen. Doch bald wird er zusammen mit Eva Karrer und Fendi im Trio auftreten. «Ich bringe den beiden gerade individuelle Kommandos und Handzeichen bei, damit sie während der Übungen wissen, wer gemeint ist», erklärt Karrer. Tricks lehrt sie ihren Tieren mit positiver Verstärkung. «Wenn ein Hund spontan ein bestimmtes Verhalten zeigt, kann man es mit einem Kommando und Lob verknüpfen», erklärt sie. So könne man beispielsweise «Sitz» ganz natürlich beibringen: «Man wartet, bis sich der Hund setzt, sagt ‹Ja, feiner Sitz!› und belohnt ihn. Nach einigen Wiederholungen versteht er die Bedeutung des Kommandos.» DieseMethode wendet sie nicht nur bei Hunden an, sondern auch bei ihren Pferden und Maultieren. Inspiration holt sie sich aus YouTube-Videos oder direkt aus demCharakter ihrer Tiere. «Wenn alle Spass haben, brauche ich weder Richter noch Pokal», sagt die Tierfreundin mit einem Lächeln und streichelt ihre beiden Hunde.
Wer doch auf einen Pokal hofft, wird bei Hunde-sport-Wettkämpfen meist enttäuscht. «Der Hauptpreis ist oft ein Fressnapf oder ein Sack Futter», weiss Ralph von Fellenberg. Preisgelder gibt es selten – im Gegenteil: Die Teilnahme kostet in der Regel zwischen 20 und50 Franken, je nach Disziplin, Liga und Austragungsort. Damit kann Hundesport, ähnlich wie beim Menschen, zu einem kostspieligen Hobby werden. Doch vonFellenberg hat für sich und seine Parson-Russell-Terrier-Hündin Paloma eine andere Priorität: «Mir reicht es, sie glücklich durch den Hoopers-Parcours flitzen zu sehen – das ist unbezahlbar.»
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Hundesportarten im Portrait
Dogdance
Darum geht’s: Beim Dogdance erarbeitet das Mensch-Hund-Team aus einer Kombination aus Fussarbeit und Tricks eine Choreografie zu passender Musik. Dabei sollen ausdrücklich auch die Persönlichkeit, sowie die rasse-spezifischen körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Hundes im Vordergrund stehen.
Für wen: Alle Rassen. Eingespielte Teams aus kreativen Hunde-haltern und motivierten Vierbeinern.
Ausdauersport / Dogging
Darum geht’s: Viele sportliche Hundehalter wünschen sich, ihren Vierbeiner mit zum Joggen oder Velofahren nehmen zu können. Das verlangt jedoch auch von Hundeseite ein ordentliches Mass an Disziplin und Fitness, welches entsprechend trainiert werden muss. Angefangen mit kurzen Distanzen von bis zu drei Kilometern steigert man diese langsam auf 15 bis 20 Kilometer. Mitglieder der Schweizerischen Kynologischen Gesellschaft (SKG) können eine sogenannte «Ausdauerprüfung» absolvieren.
Für wen: Fitte Hund-Mensch-Teams. Die Hunde dürfen dabei maximal zehn Jahre alt sein. Der Hund muss ständig an der Leine geführt werden, beim Velo mithilfe einer ent-sprechenden Anbindevorrichtung («Springer»).
Mobility / SpassSport
Darum geht’s: Beim Mobility steht keine messbare Leistung im Vordergrund, es geht also nicht um Geschwindigkeit. Der Hund meistert verschiedene Aufgaben, die sich an Alltagssituationen orientieren. Durch einen Stofftunnel oder über einen niedrigen Laufsteg gehen, gehört ebenso dazu, wie Slalom laufen oder auf einem Podest sitzenbleiben. Im Zentrum steht die Bindung zwischen Mensch und Hund, und vor allem auch der Spass. Ganz nebenbei werden die kognitiven und körperlichen Fähigkeiten gefördert.
Für wen: Alle Rassen. Hunde sollten älter als sechs Monate sein und einen Grundgehorsam haben.
Agility
Darum geht’s: Agility ist der ehrgeizige Bruder von Mobility. Bei der Sportart geht es darum, dass der Hund möglichst fehlerfrei und schnell durch einen Hindernisparcours rennt. Sprünge, Slalom, Tunnel und Wippen gehören dabei zu den häufigsten Elementen. Die Sportart kann sowohl als Plausch, als auch wettkampfmässig betrieben werden und gehört zu den bekanntesten und beliebtesten Hundesportarten.
Für wen: Hunde ab dem Alter von 12 bis 16 Monaten. Primär kommen hier lauffreudige, wendige Rassen zum Zug, wie Shetland Sheepdogs oder Border Collies. Für grosse, schwere Hunde ist Agility weniger geeignet, und auch Rassen mit kurzen Beinen und langem Rücken (zum Beispiel Dackel) haben bei anderen Sportarten sicher mehr Freude. Auch der Mensch muss eine gewisse Fitness mitbringen, da er neben dem Hund mitläuft, jedoch, ohne diesen zu berühren.
Para-Agility
Darum geht’s: Beim Para-Agility hat der menschliche Teil des Hund-Mensch-Teams eine körperliche oder geistige Beeinträchtigung. Die verschiedenen Behinderungsgrade stellen dabei eine besondere Herausforderung an die Führung des Hundes dar, denn dieser darf lediglich durch die Stimme und Handzeichen durch den Parcours geführt werden.
Für wen: Menschen mit Behinderungen und ihre Hunde.
Hoopers
Darum geht’s: Bei Hoopers geht es darum, einen Hindernisparcours, bestehend aus sogenannten Hoops (Bögen), Tonnen und Tunneln, fehlerfrei zu bewältigen. Anders als beim Agility muss der Hund hier nicht über Hindernisse springen. Eine Besonderheit ist auch, dass der Hundehalter nicht mit dem Hund mitläuft, sondern ihn lediglich mit Kommandos und Körpersprache durch den Parcours schickt.
Für wen: Hunde allen Alters und Rassen, insbesondere auch für Tiere, die aufgrund körperlicher Einschränkungen nicht springen dürfen.
Fitness-Loop
Darum geht’s: Wer Hoopers und Agility mag, der wird Fitness-Loops lieben. Auch hier gilt es, einen Parcours zu bewältigen, wobei der Hund lediglich durch die feine Körpersprache des Menschen gelenkt wird. Der Fitness-Aspekt besteht darin, dass der Sport alle Bereiche des funktionellen Trainings beinhaltet.
Für wen: Hunde mit hoher Aufmerksamkeit, die Spass an der Bewegung haben. Da der Parcours im Trab absolviert wird, eignen sich auch weniger wendige Rassen für den Sport.
Dog-Frisbee/Discdogging
Darum geht’s: Viele Hunde spielen gerne mit Frisbees, laufen hinter den Scheiben her und fangen diese zum Teil noch im Flug. Beim Dog-Frisbee gibt es verschiedene Disziplinen, bei denen der Hund das Frisbee fängt und es je nach Flugdistanz unterschiedlich viele Punkte gibt. Beim Freestyle erarbeiten die Halter mit ihrem Hund, ähnlich wie beim Dogdance, eine Choreographie zu Musik. Wichtig ist, dass Dog-Frisbee nur auf weichem Untergrund, wie zum Beispiel einer Wiese, gespielt wird. Stein- und Betonböden federn nicht, so dass das Verletzungsrisiko zu hoch ist.
Für wen: Sprungfreudige, agile Hunde und ihre sportlichen Halter.
Treibball
Darum geht’s: Die wenigsten Besitzer von Hüte- und Treibhunden haben eine Schafsherde, um ihren Hund angemessen zu beschäftigen. Als Schafersatz können jedoch auch Gummibälle dienen. Beim Treibball geht es darum, acht Gymnastikbälle möglichst rasch mit Schnauzen- und Körpereinsatz in ein Tor zu treiben. Der Halter steht neben dem Tor und führt den Hund ausschliesslich mit Kommandos und Handzeichen.
Für wen: Alle Hunderassen, insbesondere Hüte- und Treibhunde, ab einem Alter von 6 Monaten.
Obedience
Darum geht’s: Der Name sagt bereits alles. Bei Obedience, zu Deutsch «Gehorsam», geht es um das schnelle, korrekte und präzise Ausführen verschiedener Befehle. Der Mensch darf dabei nur kurze Kommandos geben, ohne dem Hund zu zeigen, was er zu tun hat. Entsprechend ist das Ziel des Trainings, einem Hund ein bestimmtes Verhalten exakt beizubringen. Im Gegensatz zu anderen Hunde-sportarten braucht es hier kaum zusätzliches Material.
Für wen: Hunde aller Grössen, jeden Alters, Geschlechts und aller Rassen. Bereits 9 Monate alte Junghunde können in der Anfängerstufe gegen Artgenossen antreten. Bei dieser Sportart kommen vor allem Hunde mit einer hohen Arbeitsfreude auf ihre Kosten. Auf menschlicher Seite ist ein hohes Mass an Konzentration gefragt.
Rettungshundesport
Darum geht’s: Das Aufspüren von Vermissten unter Trümmern, in Lawinen oder über Fährten fasziniert viele Hundehalter. Beim Rettungshundesport werden entsprechende Disziplinen geübt und geprüft, ohne dass die Teams bei Rettungsaktionen zum Einsatz kommen. Der Hund wird vor allem in der «Nasenarbeit» geschult, jedoch auch in Gehorsam und Gelände-gängigkeit.
Für wen: Grundsätzlich für alle Hunde und Menschen. Der Hund darf keine übermässige Ängstlichkeit zeigen.
Gebrauchshundesport
Darum geht’s: Auch für Spür- und Schutzhunde gibt es eine eigene Sportart mit entsprechenden Wettkämpfen. Dabei müssen die Hunde einer Fährte folgen, Gehorsam zeigen und ihre Verteidigungsbereitschaft (Schutzdienst) unter Beweis stellen. Beim Gehorsam sind verschiedene Übungen wie Sitzen, Legen, Stehen, Bringen und Vorausgehen gefragt, beim Schutzdienst muss der Hund einen «Schein-täter» stellen und verbellen.
Für wen: Hunde, die in der Regel auch in entsprechenden Bereichen eingesetzt werden, wie zum Beispiel Schäferhunde, jedoch auch andere grosse Rassen. Der Sport kann unabhängig vom Beruf des Halters betrieben werden.
Mantrailing
Darum geht’s: Beim Mantrailing sucht der Hund eine Person, indem er ihrer Fährte folgt. Im Zentrum steht dabei wie beim Spürhundesport die beson-dere Riechleistung des Hundes. Je nach Gelände und Untergrund halten sich die Geruchsmoleküle unterschiedlich lange, und es ist ein anderes Mass an Sportlichkeit gefragt. Anders als bei anderen Sportarten hört hier nicht der Hund auf seinen Besitzer, sondern der Besitzer muss dem Hund folgen.
Für wen: Hunde mit einem guten Riecher und Ausdauer sowie ihre Halter, welche die Führung auch mal ihrem Vierbeiner überlassen können.
Spürhundesport/Schatzsuche
Darum geht’s: Hier ist der feine Geruchssinn der Hunde gefragt. Mit seiner Hilfe sucht der Hund einen bestimmten Gegenstand und zeigt dies dem Hunde-führer an. Das Suchgelände kann dabei aus einer Wiese bestehen, einem Brockenhaufen oder einem Haufen von Gebrauchsgegenständen. Der Sport ist aus der Drogensuche abgeleitet und spricht vor allem den geistigen Ausgleich an.
Für wen: Schnüffelfreudige Hunde, die ein gewisses Mass an Ausdauer und Frustrationstoleranz an den Tag legen. Körperliche Fitness steht an zweiter Stelle.
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