Welt der Farben
Wie Tiere, Pflanzen und Mineralien das Leben bunt machen
Ob wir durch die rosarote Brille sehen, grünes Licht geben oder den roten Faden verlieren: Farben bestimmen unser Leben. Welche Tiere, Pflanzen und Mineralien unseren Alltag optisch verschönern und welche bunte Ausbeute uns der Ausflug ins Grüne bescheren kann.
Die steinzeitliche Höhlenkunst ist das älteste Zeugnis dafür, dass bereits unsere Ahnen mit Pigmenten und Bindemitteln ihre Ideen und Lebenswelten visuell festhielten. Vor allem Gesteine und Erze dienten als Rohstoffe zur Farbherstellung. Rot extrahierten die Höhlenmaler aus Eisenoxiden und -hydroxiden, Gelb aus Goethit und Ton, Braun aus Brauneisenerz und Schwarz aus Mangandioxid und Kohle von Knochen, Horn oder Zahnbein. Damit die Farben besser auf den rauen Felsoberflächen hafteten, wurden die Pigmente mit Kalk und Wasser vermengt. Manchmal gelangte auch Harz oder Blut als Bindemittel zum Einsatz. In Europa gibt es unzählige Höhlen mit Malereien, die Einblick ins bewegte Leben unserer Vorfahren geben. In Frankreich ist vor allem die Höhle von Lascaux eine Reise wert, in Spanien sticht die Höhle von Altamira hervor.
Rot werden
Zu den berühmtesten tierischen Farbstoffen zählt Purpur. Die edle rotviolette Farbe war im antiken Rom und später in der Kirche ein Symbol für Adel und Macht. Das Purpurpigment wird aus den Schalen verschiedener Meeresschneckenarten gewonnen und gilt als teuerste Farbe der Welt. Der hohe Preis ist der aufwendigen Produktion geschuldet: Für ein Gramm Purpur müssen rund 10 000 Schnecken gesammelt und verarbeitet werden. Das durchsichtige Sekret aus den Drüsen der Schnecken färbt sich unter Licht- und Lufteinfluss von Gelb über Grün und Blau und schliesslich zu Purpur. Die Farbqualität hängt vom Alter der Schnecke und ihrem Speisezettel ab. Um an den Farbstoff zu kommen, werden die Tiere zerstampft und für mehrere Tage in Salz eingelegt und anschliessend gekocht.
Blau machen
Das blaue Pigment Ultramarin natur wird durch ein aufwendiges Verfahren aus dem blauen Halbedelstein Lapislazuli hergestellt. Es gehört zu den begehrtesten und teuersten Pigmenten in der Geschichte der Malerei, da blaue Mineralien in der Natur äusserst selten sind. Den Lapislazuli benutzten bereits die Ägypter und Sumerer zur Gewinnung von Farbe. Blau galt als Symbol für das Leben und das Göttliche. Marco Polo besuchte auf seinen Reisen Lapislazuligruben in Afghanistan, die heute noch betrieben werden. Den Namen Ultramarin hatte die Malfarbe damals erhalten, weil der Rohstoff aus Afghanistan von «jenseits des Meeres» kam. Das teure Pigment wurde in der europäischen Malerei früher nur für die Robe der Maria oder für Christusdarstellungen verwendet. Ab dem 15. Jahrhundert kam schliesslich der Farbstoff Indigo aus Indien nach Europa, der aus der Indigopflanze stammt und mit dem noch heute Bluejeans gefärbt werden.
Das Gelbe vom Ei
Die Farbe Gelb symbolisiert das Sonnenlicht, die Erkenntnis und das Gedeihen des Lebendigen, aber auch den Herbst und die Reife. Ein Gelb, das von den Ägyptern als Pigment verwendet wurde, liess sich durch Mahlen des Minerals Auripigment herstellen. Das giftige Pigment diente im alten Ägypten, aber später auch in Assyrien oder in China zum Anstreichen von Wänden oder als Malfarbe für Bilder und Buchmalereien. Giftig sind auch viele andere gelbe Pigmente wie Chrom- oder Neapelgelb, die in der Malerei immer wieder eingesetzt wurden. Im alten China und in vielen asiatischen Kulturen galt Gelb als Farbe der Glückseligkeit, des Ruhms und der Weisheit. Safrangelbe Gewänder waren dem Volk verboten; nur der Kaiser und buddhistische Mönche durften sie tragen. Dieses Safrangelb wurde aus den Stempelgefässen des Safrans gewonnen. Zum Färben von 100 Gramm Fäden brauchte es 8000 Blüten.
Zu bunt werden
Seit dem 18. Jahrhundert stellen Menschen Farbstoffe künstlich her. Dadurch hat sich die Anzahl der verfügbaren Farben stark erhöht; heute können Zehntausende verschiedene Nuancen produziert werden. Zudem ist die Haltbarkeit synthetischer Farben oft höher und ihre Herstellung dank moderner Technologien und Verarbeitungssysteme günstiger als natürliche Farben. Dennoch: Selbst Färben ist wieder en vogue. Überall in der Natur – nicht nur in den Blüten, auch in Blättern, Stängeln, Rinden, Früchten und Wurzen – befinden sich wasser- oder fettlösliche Farben. Am einfachsten gewinnt man natürliche Farbe aus reifen Beeren wie Brombeeren, Schwarzen Johannisbeeren, Mahonien oder Holunder. Sie werden mit etwas Leitungswasser aufgekocht und anschliessend durch ein feines Sieb oder ein Baumwolltuch passiert. Während bei Frucht-Farben das Ergebnis mehr oder weniger identisch mit dem Original ist, verändern sich Blüten-Farben je nachdem, wie lange sie gekocht beziehungsweise welche Zutaten verwendet werden. Alaun macht die Farbe kräftiger und haltbarer. Naturfarben eignen sich besonders für die Aquarellmalerei.
Wasserfarben herstellen
Wie wurden im Mittelalter Farben hergestellt? Das Freilichtmuseum Ballenberg bietet einen Kurs an, in dem sich lernen lässt, wie anhand jahrhundertealter Rezepte aus Erden, Mineralien, Metallen und Pflanzen die Rohstoffe für Pflanzenfarbstoffe gewonnen werden. Teilnehmende können einen eigenen Farbkasten zusammenstellen.
ballenbergkurse.ch
[IMG 2]
Bitte loggen Sie sich ein, um die Kommentarfunktion zu nutzen.
Falls Sie noch kein Agrarmedien-Login besitzen:
Jetzt registrieren