Natürliches Heilmittel
Winfried Keuthage erklärt: Darum sind Erdbeeren ein echtes Superfood
Zahlreiche Studien zeigen, dass die heimische Frucht nicht nur gut schmeckt, sondern auch vor Herzinfarkt und Brustkrebs schützen kann. Der Ernährungsmediziner Winfried Keuthage erklärt, wie dies zustande kommt.
Schon vor Jahrhunderten sollen Erdbeeren als natürliches Heilmittel eingesetzt worden sein, weil etwa ihre Blätter grosse Mengen entzündungshemmender Gerbstoffe enthalten, die Durchfall lindern können. Und verschiedene Studien der letzten Jahre zeigen, dass die heimische Frucht ein wahres regionales Superfood sein kann. Die Langzeit-Untersuchung «Nurses Health Study» der renommierten Harvard-Universität hat beispielsweise herausgefunden, dass Frauen, die mindestens dreimal wöchentlich Beeren essen, ihr Herzinfarktrisiko um bis zu 34 Prozent senken können.
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Der promovierte Ernährungsmediziner Winfried Keuthage hat sich für die TierWelt die Erdbeere samt ihrer Makro- und Mikronährstoffe genauer angeschaut und sagt: «Besonders hervorzuheben sind zwei enthaltene sekundäre Pflanzenstoffe: Anthocyane und Polyphenole.» Während Anthocyane das gefährliche LDL-Cholesterin senken, so Gefässverkalkungen vorbeugen und den Blutdruck senken, haben Polyphenole eine antioxidative, schmerz- und entzündungshemmende Wirkung, die den Körper schützen und Keime abtöten können. «Leider sind sekundäre Pflanzenstoffe noch nicht im Detail erforscht. Aber besonders die Antioxidantien haben einen positiven Effekt, weil sie freie Radikale zügeln», sagt Winfried Keuthage, «das sind sehr aggressive chemische Sauerstoffmoleküle, die den menschlichen Körper belasten.» Und auch die Darmflora werde durch die sekundären Pflanzenstoffe stabilisiert: «Das ist eine sehr wichtige Eigenschaft, denn die Bakterien, Pilze und Viren in unserem Darm verwerten Nährstoffe, stoppen Krankheitserreger und machen unser Immunsystem stark.»
Italienische Forscher der Universität Politecnica delle Marche in Ancona konnten sogar nachweisen, dass der Verzehr von 500 Gramm Erdbeeren pro Tag Einfluss auf die Entwicklung von Brustkrebs haben kann. «Im Labor wurden Krebszellen mit einem hoch dosierten Erdbeerextrakt behandelt», beschreibt Ernährungsmediziner Keuthage den Studienablauf, «die behandelten Zellen zeigten daraufhin ein geringeres Wachstum und bei erhöhter Dosis sogar ein Absterben der Tumorzellen.» Auch wenn der Verzehr von 500 Gramm Erdbeeren pro Tag nur mit Smoothies ganzjährig umsetzbar wäre, kann man auf Basis der Studienergebnisse laut dem Ernährungsmediziner sagen: «Das sind relevante Hinweise, dass Erdbeeren dabei helfen können, das Brustkrebsrisiko zu senken.»
Vitaminbombe mit wenig Zucker
Neben den wertvollen sekundären Pflanzenstoffen enthält die rote Superbeere auch mehr Vitamin C als etwa Orangen. «Mit 150 Gramm Erdbeeren kann man bereits den Vitamin-C-Tagesbedarf decken und so den Antioxidantien-Spiegel, die Eisenaufnahme und die Immunabwehr stärken», sagt Keuthage. Als Experte mit der Zusatzqualifikation Diabetologe weiss er: «Erdbeeren sind auch für Diabetiker gut geeignet, weil sie wenig Fruchtzucker und viel Wasser enthalten.» Forscher der Universität von Kalifornien fanden in ihren Forschungen sogar Hinweise darauf, dass Erdbeeren nach einer kohlenhydrat- und fettreichen Mahlzeit den Blutzucker regulieren können: 21 Patienten mit Insulinresistenz bekamen in der Studie dieselbe Mahlzeit aufgetischt, im Anschluss tranken sie einen Erdbeer-Drink aus gefriergetrocknetem Fruchtpulver. Die Patienten, die die höchste Erdbeerkonzentration zu sich genommen hatten, hatten die niedrigste Insulinkonzentration im Blut. «Auch das macht Erdbeeren zu einer süssen Nascherei, die jeder ohne schlechtes Gewissen geniessen darf», ordnet Winfried Keuthage die Studienergebnisse ein, «die aktuelle Saison sollten wir also alle nutzen!»
SCHON GEWUSST... dass Erdbeeren botanisch gesehen Nüsse sind? Die eigentlichen Früchte sind nämlich die kleinen gelb-grünen Samen auf der Oberfläche. Erdbeersamenöl enthält als Hautpflegeprodukt wertvolle Omega-6- und Omega-3-Fettsäuren wie Linolensäure sowie wertvolle Vitamine.
1. Freilanderdbeeren enthalten durch die direkte Sonneneinstrahlung mehr vom wertvollen sekundären Pflanzenstoff Polyphenol. Im April kommen regionale Exemplare in der Regel aus dem Gewächshaus, ab Mai aus dem geschützten Anbau und ab Juni sind Freilanderdbeeren zu haben.
2. Je roter die Frucht ist, desto mehr Anthocyane sind enthalten – der Pflanzenstoff sorgt nämlich auch für die rote Farbe.
3. Regionale Bioerdbeeren sind frei von Pestiziden und durch die kurzen Transportwege voller Aromen und Nährstoffe. Bei Landwirten in der Nähe findet man oft noch alte Sorten, die besonders geschmacksintensiv sind und so für pure Genussmomente sorgen. In der Schweiz wurden 2024 auf rund 491 Hektaren Erdbeeren angebaut.
4. Um Vitamin- und Nährstoffverlust vorzubeugen, sollten Erdbeeren maximal zwei Tage im Kühlschrank gelagert werden. Wer sie alternativ direkt nach der Ernte einfriert, konserviert auch die wertvollen Nährstoffe und kann sie in Smoothies auch ausserhalb der Saison nutzen.
5. Alternative: Ein Tipp, wenn die Erdbeersaison vorbei ist: «Heidelbeeren enthalten ähnlich viele sekundäre Pflanzenstoffe und kommen in zahlreichen Studienneben der Erdbeere vor», rät Dr. Keuthage.
6. Verzehrempfehlung: Wissenschaftler der Harvard Medical School empfehlen beispielsweise dreimal wöchentlich den Verzehr von etwa 70 Gramm Erdbeeren oder Heidelbeeren. Der regelmässige Verzehr sei entscheidend. Winfried Keuthage empfiehlt, die Beeren als Nachtisch oder in Kombination mit Magerquark oder Haferflocken zu geniessen: «Das Eiweiss macht daraus eine vollwertige Zwischenmahlzeit, die länger satt macht.»
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