Unverzichtbares Summen
Wildbienen: Nahrung und Nistplätze sichern
Wildbienen gehören zu den wichtigsten Bestäubern von Kulturpflanzen. Mehrere Projekte setzen sich dafür ein, dass es auf Landwirtschaftsbetrieben wieder mehr summt.
Bienen erbringen unverzichtbare Leistungen für Mensch und Umwelt. Laut Schätzungen der Bienenfachstelle des Kantons Zürich beläuft sich der ökonomische Wert der Bestäubungsleistungen durch Wild- und Honigbienen für die Schweizer Landwirtschaft auf rund 340 Millionen Franken pro Jahr. Doch gerade den Schweizer Wildbienen geht es derzeit schlecht: Knapp die Hälfte der 621 hiesigen Wildbienenarten gilt als bedroht, viele sind bereits ganz von der Bildfläche verschwunden. Der von der Bienenfachstelle Kanton Zürich und dem Zürcher Bauernverband gegründete Verein «Buure für Biendli» versucht, Gegensteuer zu geben – mit einer gezielten Förderung der Wildbienen in der Zürcher Landwirtschaft.
Das 2023 gestartete Pilotprojekt mit zwölf Landwirtschaftsbetrieben im Kanton Zürich ist in diesem Jahr zu Ende gegangen. Auch Thomas Weber war mit von der Partie. Mit seinem Biobetrieb in Ottenbach (ZH) hat er sich auf Mutterkuhhaltung, Ackerbau und Direktvermarktung spezialisiert. Seine Motivation, sich für Wildbienen zu engagieren, habe mehrere Gründe. Einerseits sei es ihm darum gegangen, sich intensiver mit den verschiedenen Arten auseinanderzusetzen, gibt es doch grosse Unterschiede bezüglich Aussehen und Lebensweise. Andererseits war Thomas Weber offen, zugunsten der Biodiversität Neues auszuprobieren: «Rund um unseren Hof haben wir viel ökologische Ausgleichsfläche, auf welcher wir viel experimentieren können.»
Nach einer Beratung vor Ort und zwei Workshops, die Teil des Projekts «Buure für Biendli» waren, hat er an einer Hecke am Waldrand gezielt Stellen bearbeitet, damit die Wildbienen dort gut in den Boden schlüpfen können. Weiter achtet er auf verschiedene Schnittstufen der Flächen. «Ziel ist es, das ganze Jahr über ein reichhaltiges Blütenangebot zu schaffen», sagt er. Konkret heisst das: Der erste Schnitt erfolgt im Mai, Anfang Juli dann der zweite.
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Mehr Biodiversität
Von gewissen Massnahmen, wie etwa der Waldrandpflege oder den angelegten Steinhaufen, profitieren auch andere Insekten und Kleintiere. Thomas Weber ist überzeugt, dass das Miteinander mit der Natur Sinn macht: «Es ist wichtig, Nützlingen Schutz und Raum zu geben. Dann kann sich die Natur ganz von allein regulieren.» Die vielen Insekten – eine Folge der extensiven Bewirtschaftung – kommen auch anderen Tieren wie Störchen und Milanen zugute, die er rund um den Hof immer wieder sichtet.
Der Biobauer will seine Massnahmen zugunsten der Wildbienen in den nächsten Jahren fortsetzen. Dem Projekt «Buure für Biendli» gewinnt er viel Gutes ab, weil es auf Freiwilligkeit beruhe und ein Bewusstsein für diese gefährdeten Tiere schaffe. Auch der verfolgte Ansatz gefällt ihm: Die Beratung vor Ort sei zielführender als das alleinige Abgeben von Informationsmaterial.
Der Schlussbericht zum Pilotprojekt, den die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften erstellt hat, kommt zum selben Ergebnis: Viele Bewirtschafter seien motiviert, Massnahmen zur Förderung von Wildbienen zu ergreifen. Die betriebsspezifische Beratung zur Besprechung von Interventionen vor Ort ist laut Umfrage sehr geschätzt worden. Klar wurde aber auch: Die Beteiligten brauchen Informationen zu Aufwand, Kosten, den ökologischen Vorteilen und den potenziellen Auswirkungen von Massnahmen auf den Betrieb.
Weil Wildbienen-Aktionen finanziell und zeitlich schnell aufwändig werden können, sprechen sich die Projektverantwortlichen für eine finanzielle Entschädigung aus. Denn die Anlage und Pflege von Niststrukturen werden derzeit über reguläre Beiträge nicht abgegolten. «Die Leistung von Wildbienen ist von grossem gesamtgesellschaftlichen Nutzen und ihre Förderung mit einem Aufwand verbunden. Daher wäre es nur fair, die Bauern für ihr Engagement angemessen zu entschädigen», hält Kiki Anrika Velychko fest, Projektleiterin von «Buure für Biendli».
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Unter die Flügel greifen
Auch ist das Interesse an einem ökologischen Monitoring bei den Beteiligten gross, wollen sie doch wissen, ob die Massnahmen wirklich greifen. Vernetzung, Austausch, Beratung: Zur Förderung von Wildbienen brauche es einen bunten Strauss an Unterstützung, so die Bilanz der Projektverantwortlichen. Auf Basis der Erkenntnisse aus dem Pilotprojekt wurde ein fünfjähriges Folgeprogramm entwickelt. Aktuell ist das Team dabei, die Finanzierung zu sichern. Sofern alles nach Plan läuft, soll das Programm bereits 2026 allen Zürcher Landwirtschaftsbetrieben zugänglich sein.
Für summende Bauernhöfe setzen sich derzeit diverse Naturschutzorganisationen ein: Im Rahmen der «Aktion Hase & Co.» engagieren sich die Pro Natura Sektionen Unterwalden und Uri, zusammen mit Landwirten, für die Förderung von Wildbienen. 26 Betriebe liessen sich beraten und setzten in der Folge Massnahmen um. Dazu gehört: Das Angebot an Blüten so anpassen, dass Wildbienen ein grosses Nahrungsangebot vorfinden. Oder Nistmöglichkeiten zu schaffen, indem Totholz, lückig gewachsene Bodenstellen und weitere Kleinstrukturen in der Landschaft belassen werden. Die Resultate dieser nunmehr dreijährigen Zusammenarbeit seien erfreulich, so Pro Natura. Als besonderes Highlight nennt die Organisation den Fund der gefährdeten Tiroler Maskenbiene – eine Art, die auf der Roten Liste als prioritär eingestuft ist. Diese hochspezialisierte Biene braucht sommerblühende Doldenblütler zum Überleben. Doch gerade in intensiv bewirtschaftetem Grünland geht sie oft leer aus.
Niststrukturen für WildbienenWichtig zu wissen: Wildbienen nutzen Niststrukturen nur, wenn sie mehrere Stunden pro Tag voll besonnt sind. Deshalb bringen Niststrukturen an einem schattigen Waldrand oder im Schatten einer Hecke wenig. Ideal sind blütenreiche Lebensräume wie Magerwiesen, Buntbrachen oder Streuobstwiesen. Bei der Distanz zwischen Nistplatz und Nahrungsquelle gilt: je kürzer, desto besser. Die Entfernung sollte maximal 100 bis 300 Meter betragen. Dies hat einen Grund: Viele Wildbienenarten sind relativ klein und nicht sehr flugstark. Grosse Distanzen rauben ihnen Zeit und Energie, sind aber auch ein Risiko für Parasitenbefall, weil das Weibchen zu lange vom Nest wegbleibt.
Die meisten Wildbienenarten legen ihre Nester in selbst gegrabenen Gängen im Erdboden an. Hierfür eignen sich lückig bewachsene Stellen an gut besonnter Lage, wo sie sich in den offenen Boden graben können. Gelegentliche Störungen, wie das Befahren mit einem Traktor, schaden den nistenden Wildbienen kaum. Schattige Standorte und feuchte bis nasse Böden jedoch lassen sie links liegen.
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