Bis 2100 verschwunden
Technische Lösungen zum Gletscherschutz
Fast die Hälfte aller Gletscher weltweit könnte bis 2100 verschwunden sein – selbst wenn das 1,5 °C-Klimaziel noch erreicht würde. In Ländern wie Venezuela oder Slowenien sind sie bereits vollständig verschwunden. Die UNO hat das Jahr 2025 deshalb zum Internationalen Jahr der Gletschererhaltung erklärt.
Wie kann man Gletscher schützen? Während früher die Antwort klar war, nämlich CO2-Emissionen senken, werden heute zunehmend technische Massnahmen erprobt: etwa reflektierende Abdeckungen, Wolkenimpfung oder Spezialfolien. Sie sollen das Schmelzen bremsen, werfen aber auch ökologische Fragen auf, denn Gletscher sind nicht nur Eis. Wie Ozeane oder Regenwälder beherbergen sie komplexe Lebensgemeinschaften. Mikroorganismen, die in Schnee und Eis leben, haben sich extremen Bedingungen angepasst – mit genetischem Potenzial, das für Medizin oder Umwelttechnik interessant ist. Manche produzieren sogar Antibiotika, um andere Mikroben zu verdrängen. Werden diese Gemeinschaften gestört, könnten wichtige ökologische Funktionen verloren gehen, wie etwa ihre Fähigkeit, Schadstoffe zu binden.
Dramatischer Rückgang
Laut dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) ist der Rückgang der Schweizer Gletscher dramatisch: Zwischen 2001 und 2022 haben sie bereits rund ein Drittel ihres Volumens verloren. Um dem entgegenzuwirken, werden technische Eingriffe getestet, etwa auf dem Gemsstock in Uri, wo ein kleiner Gletscher mit reflektierendem Geotextil abgedeckt wurde. Auch der Rhône-gletscher wird zum Teil mit synthetischen Decken geschützt, um ihn als Touristenattraktion zu erhalten. Wie eine Studie der Universität Zürich zeigt, kann solch eine Abdeckung die Eisschmelze um bis zu 70 Prozent pro Jahr verringern. Doch die Methode hat leider einige Nebenwirkungen: Geotextilien aus Kunststoff setzen Mikroplastik frei, das mit dem Schmelzwasser in Bäche und Seen gelangt. Auf einem österreichischen Gletscher wurden pro Quadratmeter bis zu 3 Kilometer Mikrofasern nachgewiesen, was ein grosses Risiko für Tiere und Gewässer darstellt.
Auch in China wird geforscht
Am Dagu-Gletscher wird eine Folie aus Celluloseacetat getestet, ein biologisch abbaubares Material aus Holz- oder Baumwollfasern. Es reflektiert Sonnenlicht ähnlich wie Schnee, doch ob es langfristig wirkt oder der Natur schadet, ist bisher unklar. Am Morteratschgletscher im Engadin wurde sogar versucht, durch Schneekanonen und Wassersprühung neues Eis zu erzeugen. Zwar funktioniert die Technik in kleinen Tests, doch laut Forschung ist sie teuer, wasserintensiv und ökologisch fragwürdig. Versuche mit Wolkenimpfung, wie in Zentralasien, sind hingegen schwer steuerbar und wenig erprobt. Neben all diesen Ideen bleibt die wichtigste Massnahme der Klimaschutz: Nur durch eine konsequente Reduktion von Treibhausgasen lässt sich die Erwärmung bremsen und damit auch das Abschmelzen der Gletscher. Technische Lösungen können bestenfalls ergänzen.
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