Ob in der Mittagspause, nach einem langen Arbeitstag oder als schnelle Lösung für den Familienalltag: Fertiggerichte sind aus vielen Haushalten nicht mehr wegzudenken. Die Nachfrage nach schnellen und praktischen Mahlzeiten hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Fertiggerichte gelten längst nicht mehr nur als Notlösung, sondern finden zunehmend ihren festen Platz im Alltag vieler Konsumenten. «Fertiggerichte sind heute vielseitiger denn je, aber ihre Nährstoffqualität ist oft stark von der Art der Verarbeitung abhängig», erklärt Dr. Christine Brombach. Besonders ultrahoch verarbeitete Produkte, die viele Fette, Zucker und Salz enthalten können, können laut der Professorin für Science langfristig die Gesundheit beeinträchtigen. An der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) ist sie Dozentin für Consumer Insights. Ihr Forschungsschwerpunkt liegt auf Ernährungsverhalten, Nachhaltigkeit und der Umsetzbarkeit von nachhaltiger, genussvoller, gesunder Ernährung im Alltagskontext.

«Verbraucherinnen und Verbraucher erwarten heute mehr als nur Bequemlichkeit – sie wollen gesündere und umweltfreundlichere Optionen», sagt Brombach. «Laut Prognosen wird sich dieser Trend in den kommenden Jahren weiter verstärken. Immer mehr Hersteller entwickeln innovative Rezepte, die sowohl praktisch als auch ernährungsphysiologisch wertvoll sind. Dabei stehen zunehmend spezifische Ernährungsbedürfnisse im Fokus – von glutenfreien über proteinreiche bis hin zu kalorienarmen Optionen.» Dieser Wandel spiegelt sich in den aktuellen Trends wider: Pflanzliche Alternativen, die weniger stark verarbeitet sind, sowie Produkte mit Bio-Siegeln und einem Fokus auf Nachhaltigkeit gewinnen an Bedeutung. So punkten Fleischersatzprodukte mit einem niedrigeren Gehalt an gesättigten Fettsäuren und bieten gleichzeitig eine gute Quelle für pflanzliches Protein. Dennoch gibt es laut der Expertin auch Nachteile. «Viele Fleischersatzprodukte sind stark verarbeitet und enthalten hohe Mengen an Salz und Zucker, um Geschmack und Konsistenz zu optimieren.» Zudem fehlen ihnen häufig natürlicherweise Eisen, Vitamin B12 und Zink, das nur in synthetischer Form zugesetzt werden kann.

Nährstoffe: Was ist drin?

Rasch wird deutlich: Fertiggericht ist nicht gleich Fertiggericht. Sie unterscheiden sich nicht nur in ihrer Zusammensetzung, sondern auch in ihrem Verarbeitungsgrad. Von rohen Zutaten, die noch zubereitet werden müssen, über vorgekochte Komponenten, die der Verbraucher nachträglich noch erhitzen muss, bis hin zu vollständig verzehrfertigen Mahlzeiten, die nur noch erwärmt werden müssen, bietet der Markt eine breite Palette. Untersuchungen zeigen, dass dieser Verarbeitungsgrad massgeblich Einfluss auf dessen Nährstoffgehalt und Gesundheitswirkung hat. Eine hilfreiche Orientierung bietet die sogenannte NOVA-Klassifizierung, welche Lebensmittel in vier Gruppen einteilt (siehe Tabelle). «Dieses System ermöglicht es Verbrauchern, besser zu verstehen, wie stark ein Lebensmittel verarbeitet wurde, und so fundierte Entscheidungen zu treffen», so die Expertin.

«Insbesondere hitzeempfindliche Vitamine wie Vitamin C und B-Vitamine gehen während der Verarbeitung und Lagerung häufig verloren, die dann zugesetzt werden müssen», weiss Brombach. «Auch Ballaststoffe, die für ihre gesundheitsschützenden Eigenschaften bekannt sind, sind in Fertiggerichten oft in geringeren Mengen enthalten als in Frischprodukten.» Frisch zubereitete Mahlzeiten aus unverarbeiteten Zutaten bieten in der Regel daher ein besseres Nährstoffprofil.

Die Zusammensetzung eines Fertiggerichts beeinflusst auch dessen Sättigungswirkung. «Produkte mit einem hohen Anteil an Ballaststoffen und Proteinen sättigen besser und länger», betont die Expertin. Fertiggerichte, die hingegen reich an Zucker und ungesunden Fetten sind, sorgen nur für ein kurzfristiges Sättigungsgefühl und können so Mehrverzehr fördern. Ein weiteres Problem sei der oft hohe Salzgehalt. «Viele Fertiggerichte enthalten deutlich mehr Salz, als wir im Alltag brauchen. Das verbessert zwar den Geschmack, kann aber langfristig zu gesundheitlichen Problemen wie Bluthochdruck führen», führt Brombach aus.

Trotz dieser Nachteile sieht die Expertin auch positive Entwicklungen: «Immer mehr Hersteller versuchen, ihre Produkte durch die Anreicherung mit Ballaststoffen und pflanzlichen Proteinen aufzuwerten. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung.» Dennoch empfiehlt sie, Fertiggerichte bewusst auszuwählen und, wenn möglich, mit frischen Zutaten zu ergänzen: «Fertiggerichte können im Alltag eine praktische Hilfe sein, aber sie sollten nicht die Grundlage der Ernährung bilden. Ein einfaches Fertiggericht kann durch eine Handvoll frisches Gemüse oder ein Vollkornbrot schnell ausgewogener werden.»

Fertiggerichte unterscheidenWichtige Kennzeichnungen:

• Nutri-Score: Eine einfache Farb- und Buchstabenkennzeichnung, die die Nährwertqualität auf einen Blick zeigt.
• Bio-Suisse-Siegel: Produkte aus ökologischer Landwirtschaft.

Tipps für informierte Kaufentscheidungen:

• Achten Sie auf eine kurze und verständliche Zutatenliste – je weniger Zusatzstoffe, desto besser.
• Produkte mit wenig Salz, Zucker und gesättigten Fetten bevorzugen.
• Wählen Sie Fertiggerichte mit einem hohen Anteil an Gemüse oder Vollkorn.

Merke: Qualität erkennen Sie oft an klaren, transparenten Angaben – lesen Sie die Verpackung genau!

Auf Zusatzstoffe achten

In Fertiggerichten ist also oft nicht so viel von dem drin, was wir gerne hätten. Häufig enthalten sie ausserdem Stoffe, auf die wir lieber verzichten würden. «Aromen oder Zusatzstoffe werden in Fertiggerichten häufig verwendet. Verbraucher sollten sich daher bewusst machen, welchen Nutzen sie von den Fertiggerichten haben», erklärt Brombach. So stehen Pökelsalze, künstliche Aromen und Süssstoffe im Fokus wissenschaftlicher Untersuchungen und werden aktuell intensiv diskutiert. «Nitritpökelsalze, die häufig in Fleischprodukten vorkommen, könnten bei übermässigem Konsum mit einem erhöhten Krebsrisiko in Verbindung stehen. Die Forschung hierzu ist jedoch noch nicht abschliessend, und weitere Studien sind erforderlich, um diesen Zusammenhang eindeutig zu klären», so die Expertin. Auch Emulgatoren und Stabilisatoren, die für eine verbesserte Textur und längere Haltbarkeit von Lebensmitteln verwendet werden, werden wissenschaftlich untersucht. «Es gibt Hinweise aus Studien, dass diese Stoffe möglicherweise die Darmgesundheit beeinflussen und chronische Entzündungen begünstigen könnten. Allerdings sind die zugrundeliegenden Mechanismen noch nicht ausreichend verstanden, und es bedarf weiterer Forschung, um die gesundheitlichen Auswirkungen besser zu bewerten.»

Ultrahoch verarbeitete Lebensmittel – eine Kategorie, zu der viele Fertiggerichte und auch Süssgetränke gehören – enthalten oft eine Vielzahl solcher Zusatzstoffe, aber auch Salz, Fette und Zucker. «Diese Produkte sind darauf ausgelegt, besonders schmackhaft zu sein, weshalb wir sie auch besonders gerne essen. Der hohe Anteil an künstlichen Zutaten und Zucker in Lebensmitteln wird in der Forschung mit einem unausgewogenen Nährstoffprofil in Verbindung gebracht. Es gibt Hinweise darauf, dass ein langfristig hoher Konsum solcher Lebensmittel potenziell das Risiko für Fettleibigkeit, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen könnte. Weitere Untersuchungen sind jedoch notwendig, um diese Zusammenhänge besser zu verstehen», erklärt Brombach. In der Tat hat eine aktuelle, elfjährige multinationale Kohortenstudie erst kürzlich gezeigt, dass ein höherer Konsum von ultraverarbeiteten Lebensmitteln (UPF) das Risiko für Krebs und kardiometabolische Multimorbidität signifikant erhöht.

Brombach empfiehlt daher, die Zutatenliste genau zu prüfen. «Eine kurze und verständliche Liste ist meist ein gutes Zeichen. Wenn viele E-Nummern auftauchen, sollte man vorsichtig sein.» Auch hier sieht sie Fortschritte in der Branche: «Immer mehr Hersteller verzichten auf künstliche Aromen und Farbstoffe und setzen stattdessen auf natürliche Alternativen. Verbraucher können diesen Trend unterstützen, indem sie gezielt Produkte mit Clean Label-Kennzeichnungen wählen.»

Weniger ist mehr

In Bezug auf Umweltfreundlichkeit, Nachhaltigkeit und Kosten stellen Fertiggerichte zweifellos eine Herausforderung dar. Die weit verbreitete Nutzung von Plastikverpackungen trägt erheblich zu diesem Problem bei. Nachhaltige Verpackungslösungen wie recycelbare Materialien oder Mehrwegkonzepte gewinnen daher an Bedeutung. Hier sind Industrie und Verbraucher gleichermassen gefragt, aktiv Veränderungen voranzutreiben.

Hinzu kommt, dass die Kosten pro Portion bei Fertiggerichten oft höher sind, insbesondere im Vergleich zu Mahlzeiten aus frischen, saisonalen Zutaten. «Der individuelle Lebensstil spielt eine entscheidende Rolle bei der Abwägung zwischen Zeit- und Kostenersparnis», resümiert Brombach. Fertiggerichte bieten Komfort, doch bewusste Entscheidungen können dazu beitragen, deren ökologische, finanzielle und gesundheitliche Auswirkungen zu minimieren.

Die NOVA-Klassifizierung Die NOVA-Klassifizierung teilt Lebensmittel in vier Gruppen ein, basierend auf ihrem Verarbeitungsgrad:

Gruppe 1: Unverarbeitete oder minimal verarbeitete Lebensmittel
Frische Produkte wie Obst, Gemüse, frisches Fleisch und Fisch, die kaum verändert sind und ihrer natürlichen Form sehr nahekommen.

Gruppe 2: Verarbeitete Zutaten
Zutaten wie Öle, Salz oder Zucker, die aus natürlichen Lebensmitteln gewonnen und zur Zubereitung verwendet werden.

Gruppe 3: Verarbeitete Lebensmittel
Lebensmittel, die mit Zucker, Salz oder Fett verarbeitet wurden, wie Käse, Brot oder Konserven. Sie haben wenige Zutaten und sind relativ einfach verarbeitet.

Gruppe 4: Ultraverarbeitete Lebensmittel
Industriell hergestellte Lebensmittel mit vielen künstlichen Zutaten wie Farb- und Aromastoffen oder Emulgatoren. Beispiele sind Limonade, Süssigkeiten und Fertig-gerichte. Sie sind oft «schmackhafter» und lange haltbar, enthalten jedoch wenig natürliche Nährstoffe.