Ökostrom gilt als Schlüsseltechnologie für eine klimafreundliche Zukunft. Doch während Wind- und Solarenergie weitgehend emissionsfrei Strom liefern, gibt es bei Wasserkraft und Biomasse zunehmend Kritik an ökologischen Auswirkungen. Auch die Herkunft von Ökostrom ist nicht immer so transparent, wie es viele Verbraucher erwarten. Studien zeigen, dass der Ausbau erneuerbarer Energien zwar Fortschritte macht, aber gleichzeitig mit Herausforderungen verbunden ist.

75 Prozent

In der Schweiz stammt laut Bundesamt für Energie (BFE) über 75 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen, wobei Wasserkraft den grössten Anteil ausmacht. Wasserkraftwerke liefern zwar zuverlässige Energie, doch auch ihre ökologischen Folgen sind umstritten. Der Bau von Staudämmen verändert Flussökosysteme, behindert die Fischwanderung und beeinflusst den Wasserhaushalt ganzer Regionen. Eine Untersuchung der ETH Zürich zeigte, dass grosse Stauseen durch die Zersetzung organischen Materials erhebliche Mengen Methan freisetzen, ein Treibhausgas, das 25-mal klimaschädlicher als CO2 ist. Die Windkraft gilt als eine der saubersten Energieformen und könnte so eine wichtige Ergänzung zur Wasserkraft sein. Doch in der Schweiz bleibt ihr Anteil mit unter einem Prozent verschwindend gering. Eine Studie der ZHAW kommt zu dem Schluss, dass der Widerstand gegen Windparks oft aus ästhetischen und naturschutzrechtlichen Gründen erfolgt, obwohl die realen Umweltbelastungen durch Windkraft vergleichsweise gering sind. Ihre Hauptprobleme betreffen den Flächenbedarf und die Gefahr für Vögel und Fledermäuse. Dennoch ist Windenergie eine der effizientesten erneuerbaren Quellen, da sie keine Brennstoffe benötigt und langfristig nur geringe Emissionen verursacht.

Solarenergie verzeichnet das stärkste Wachstum und wird zunehmend auf privaten Dächern installiert. Sie hat das Poten-zial, den Eigenverbrauch zu optimieren und Netze zu entlasten. Allerdings ist ihre Produktion nicht unproblematisch. Laut einer Untersuchung der Empa benötigen Photovoltaikmodule grosse Mengen an Energie und seltene Metalle wie Silizium, Cadmium und Indium, deren Abbau mit grossen Umweltauswirkungen einhergehen. Zudem stellt das Recycling alter Module noch eine Herausforderung dar. Doch trotz dieser Nachteile bleibt Solarstrom eine der nachhaltigsten Energielösungen, insbesondere in Kombination mit Speichersystemen.

Intransparenz

Ein weiteres Problem ist die Intransparenz bei der Stromkennzeichnung. Viele Anbieter werben mit Ökostrom, nutzen aber sogenannte Herkunftsnachweise, um fossilen oder nuklearen Strom als «grün» zudeklarieren. Eine Analyse des Bundesamts für Umwelt (BAFU) ergab, dass rund 40 Prozent des in der Schweiz als Ökostrom verkauften Stroms durch Zertifikate aus dem Ausland «grün gewaschen» wird, ohne dass physikalisch erneuerbare Energie geliefert wird. Verbraucher sollten deshalb auf Anbieter setzen, die echten Ökostrom aus nachweisbaren erneuerbaren Quellen liefern.

Ökostrom ist ein wichtiger Baustein für eine nachhaltige Energiezukunft, doch er allein reicht nicht aus. Eine Reduktion des Stromverbrauchs durch energieeffiziente Geräte, intelligente Netze und bewusste Nutzung bleibt unerlässlich.