Als Manuela Gutermann ihre ersten zwei Katzen aus dem Tierschutz adoptierte, ahnte sie noch nicht, wie das ihr Leben verändern würde. Die beiden Fellnasen brachten die Tierfreundin zum Nachdenken. Der Gedanke, dass es auch in der Schweiz viele Katzen gibt, die kein schönes Zuhause haben, liess Gutermann nicht mehr los. Kurze Zeit darauf fand die 60-Jährige einen Verein, der auf der Suche nach Pflegestellen war, und sie nahm eine erste Katzenmutter mit ihren sechs Kitten bei sich auf. Heute ist sie Präsidentin des Vereins Katzenfreunde Schweiz und selber stets auf der Suche nach geeigneten Pflegestellen für ihre Schützlinge. Denn auch hierzulande gibt es genug ungewollte, abgegebene, ausgesetzte oder kranke Tiere, die Hilfe benötigen.

«Es ist sehr erfüllend, sich für Samtpfoten einzusetzen und ihnen einen guten Start in ein tolles Leben zu ermöglichen», schwärmt Manuela Gutermann. Sie erzählt von einem Fall, bei dem sich eine Bauernfamilie mit vier ganz jungen Kätzchen bei ihr meldete. Die gerade einmal vier Wochen alten Kitten hatten alle eine schlimme Augenentzündung und brauchten intensive Betreuung, um diese loszuwerden. «zehnmal täglich musste jemand die Äuglein putzen, spülen und mit Crème und Tropfen behandeln», berichtet Gutermann. Eine engagierte Pflegestelle erklärte sich bereit, diese zeitaufwendige Aufgabe zu übernehmen. «Die Kleinen konnten fünf Wochen lang die Augen nicht öffnen und können auch heute nur hell und dunkel unterscheiden», so die Aargauerin. «Aber der ganze Aufwand hat sich gelohnt, denn alle vier Büsi haben heute ein schönes Zuhause, wo sie glücklich sind und geliebt werden.» Loslassen gehört als Pflegestelle dazu, denn diese kümmert sich jeweils nur temporär um eine oder mehrere Katzen.

Zwischen Freud und Leid

Leider haben nicht alle Leidensgeschichten ein Happy End. In manchen Fällen könne auch die aufopferungsvolle Hingabe der Pflegestellen das Leben der Kätzchen nicht retten. Sei es, weil diese an einer unheilbaren Viruserkrankung leiden oder aufgrund einer Blutgruppenunverträglichkeit ein ganzer Wurf stirbt. «Solche Erfahrungen führten manchmal fast zur Aufgabe unserer Pflegestellen. Es ist schwer zu akzeptieren, dass man nicht immer helfen kann», bedauert Manuela Gutermann. Und doch empfinden es die meisten Freiwilligen als ausserordentlich erfüllend, junge Katzen für eine Zeit zu begleiten und ihnen schlussendlich auch einen guten Start ins Leben zu ermöglichen. Und der Jö-Faktor von Kitten ist natürlich unbestreitbar. Nicht zuletzt deswegen erhält der Verein Katzenfreunde Schweiz regelmässig Anfragen von Interessenten, wofür Gutermann dankbar ist.

Allerdings bedauert die Vereinspräsidentin auch, dass viele der Interessenten abspringen, sobald sie von den Anforderungen hören (siehe Spalte). «Eine Pflegestelle anzubieten ist eine verantwortungsvolle Aufgabe, die gut überlegt sein will», sagt Gutermann. «Viele denken, dass es immer um liebe und zutrauliche Katzen geht, mit denen man gleich spielen und schmusen kann, dabei sind die meisten aufgenommen Katzen scheu und kennen Menschen nur aus der Distanz.» Dass nicht alle Katzen sozialisiert und vermittelt werden können, ist sich der Verein bewusst. Verwilderte Katzenmütter zum Beispiel würden so schnell es geht kastriert und nach der Entwöhnung ihrer Kitten an ihrem gewohnten Ort wieder freigelassen werden. Bei jungen Tieren und solchen mit eher zugänglichem Charakter bestünde jedoch meistens Hoffnung, so Gutermann. «Und es gibt nichts Schöneres, als wenn aus scheuen Katzen zutrauliche und verschmuste Stubentiger werden.» Nicht zuletzt würden auf Pflegestellen auch viele schöne und lustige Momente warten. Denn mit verspielten kleinen Pfoten im Haus wird es garantiert nie langweilig.

katzenfreunde-schweiz.ch


Pflegestelle werden

Pflegestellen sind Privatpersonen, die Pflegekatzen in ihrer Wohnung aufnehmen und betreuen. Durch den persönlichen Kontakt fassen die Katzen Vertrauen, was insbesondere nach negativen Erfahrungen oder bei Tieren nötig ist, die nie ein richtiges Zuhause hatten. Die Pflegestelle engagiert sich dabei ehrenamtlich, wobei die anfallenden Kosten für Futter, Streu und Tierarzt meist von den jeweiligen Vereinen übernommen werden.

Die Pflegestelle muss katzengerecht eingerichtet sein, mit genügend Platz, Schlafmöglichkeiten, Katzentoiletten, Kratzbäumen und Spielzeug. Fenster und allfällige Balkons müssen katzensicher sein, zum Beispiel durch das Anbringen eines Katzennetzes. Letzteres muss der Vermieter genehmigen. Falls in der Pflegestelle bereits eigene Katzen leben, muss für Pflegekatzen schon nur allein aufgrund eventuell notwendiger Quarantäne ein separater Raum zur Verfügung stehen.

Erfahrungen mit Katzen sind ebenso von Vorteil wie auch viel Zeit und Geduld. Auch muss man sich bewusst sein, dass die Betreuung der Stubentiger eine Verpflichtung auf Zeit ist und man sich irgendwann von den Tieren wieder trennen muss. Entsprechend erklären sich Pflegestellen auch dazu bereit, potenzielle Interessenten für eine Adoption zu empfangen.

Vereinsspezifische Anforderungen findet man auf den jeweiligen Websites. Interessenten, die eine Pflegestelle anbieten möchten, melden sich am besten bei einer Organisation in der Nähe, um die notwendige Logistik und die Kommunikation zwischen den involvierten Personen zu vereinfachen. Egal, ob jung oder alt, arm oder reich, sobald alle Anforderungen erfüllt sind, steht der Pflege von Samtpfoten nichts mehr im Wege.