Magere Zeiten für Fido, Luna & Co.
Übergewicht bei Haustieren: Tierliebe mit schweren Folgen
Hier ein Häppchen, da ein Leckerli. Die gut gemeinten Gesten der Zuwendung können für Haustiere schnell zur Bürde werden, denn Übergewicht geht mit ernsthaften gesundheitlichen Risiken einher. Ein guter Grund, die Kilos purzeln zu lassen.
Viele Tierhalterinnen und -halter möchten, dass es ihren Lieblingen an nichts fehlt. Und klar: Liebe geht nun einfach mal durch den Magen. Das wissen nicht nur Spitzenköche und Paarberaterinnen. Bei Fellnasen & Co. leisten «Goodies» in allen erdenklichen Farben und Formen gute Dienste, um die Liaison zu kitten, pädagogische Anreize zu setzen oder den kleinen Hunger zwischendurch zu stillen.
Daran ist erst einmal nichts falsch. Leckerbissen versüssen den Alltag, bringen Abwechslung und Anregung. Doch auch bei Tieren gilt: Die Dosis macht das Gift. Ein Gift, das bei unseren vierbeinigen Mitbewohnern zu Pölsterchen am Hals, zu Speck an den Rippen und im adipösen Stadium zu schwerwiegenden Folgeproblemen führen kann.
Zum Fressen gern
Aktuelle Zahlen lassen aufhorchen. Eine Studie der Organisation «Association for Pet Obesity» aus dem Jahr 2022 zeigt: Die Gewichtsprobleme von Haustieren in den USA sind massiv. 61 Prozent der Katzen und 59 Prozent der Hunde gelten als fettleibig. Doch das ist nicht das einzige Problem. Laut einer Umfrage unter Haustierbesitzern gaben nur 28 Prozent der Katzen-besitzer und 17 Prozent der Hundebesitzer an, dass ihre Haustiere übergewichtig sind. Will heissen: Der Grossteil der Befragten geht davon aus, dass es um den körperlichen Zustand ihres Lieblings bestens bestellt ist, obwohl aus veterinärmedizinischer Sicht die Alarmglocken längst schrillen.
Andere Länder, andere Sitten? Leider nein. Auch Erhebungen in der Schweiz belegen, dass 70 Prozent der Hundebesitzer ihr Tier als idealgewichtig erachten, obwohl mehr als die Hälfte eindeutig zu schwer ist. Die meisten Tierhalter erkennen das Problem also schlichtweg nicht oder verklären den Ist-Zustand ohne böse Absichten. Doch für das betroffene Tier ist Übergewicht eine tickende Zeitbombe.
Aber schön der Reihe nach: Wie viele Kilos sollte ein Hund oder eine Katze denn auf die Waage bringen, was ist normal, was des Guten zu viel? «Dieser Wert muss bei jedem Haustier individuell bestimmt werden», hält die Kleintierpraxis am Obersee fest. «Es gibt keine absolute Zahl, sondern vielmehr einen Gewichtsbereich, der als natürlich und gesund anzusehen ist», lautet die diplomatische Antwort auf die Frage nach dem Goldstandard auf der Waage. Ebenso wichtig zu wissen: Gewisse Gewichtsschwankungen sind absolut normal, das ist bei Haustieren nicht anders als in der freien Wildbahn.
Der nüchterne Blick
Sachdienliche Hinweise über die Körperkondition von Katzen und Hunden liefert das so genannte Body Condition Scoring (BCS). Mit dieser schnellen und ein-fachen Methode, die keinerlei Messgeräte erfordert, werden ausgewählte Körperpartien wie die Fettschicht über den Rippen, die Taille und der aufgezogene Bauch beurteilt.
Dabei gilt: Wenn man seinen Hund oder seine Katze streichelt und über die Rippen greift, sollten sie gut ertastbar, aber nicht sichtbar sein. Aus der Vogelperspektive ist eine Taille erkennbar und kein Bauchfett auszumachen. Das sind gute Hinweise darauf, dass sich das Gewicht im Idealbereich bewegt. Deutlich fühlbare, weiche und ausgeprägte Fettdepots deuten auf ein paar Kilos zu viel hin. Wer Zweifel am eigenen Deutungsvermögen hat, lässt den BCS von einer Fachperson bestimmen. Auch für Ernährungs- und Trainingspläne lohnt es sich, eine tierärztliche Expertise einzuholen, schliesslich steht nichts Geringeres als die Gesundheit auf dem Spiel.
Fett statt fit
Wieso nicht ein Auge zudrücken bei den knuddeligen Pölsterchen von Fido und Luna? Weil es im wahrsten Sinn des Wortes ans Lebendige geht: Die Lebenserwartung von übergewichtigen Haustieren ist durchschnittlich um 20 Prozent geringer als bei normalgewichtigen Artgenossen und auch im Alltag sind die gesundheitlichen Probleme vielfältig: Pummelige und adipöse Tiere haben Schwierigkeiten, sich zu bewegen, gelangen schneller ausser Atem und leiden meist unter chronischen Gelenkschmerzen. Haut- und Fellprobleme, ein schlechtes Immunsystem und eine erhöhte Anfälligkeit für Krankheiten wie Herzerkrankungen, Diabetes und Krebs sind weitere Auswirkungen von Übergewicht. Und auch bei Narkosen und Operationensteigen die Risiken für Komplikationen. [IMG 2]
Doch wie beginnen, wenn das geliebte und gut umsorgte Tier langsam zum Moppelchen mutiert? Bei plötzlicher Gewichtszunahme ist es erst einmal wichtig, medizinische Ursachen wie eine Schilddrüsenunterfunktion oder Morbus Cushing – eine Erkrankung der Nebennierenrinde – auszuschliessen. Und dann gilt es ernst: Zur Erreichung des Idealgewichts muss der Energiegehalt der täglichen Futterration reduziert und die Menge der Lebensmittel und Snacks genau abgewogen werden. Auch Spezialfutter kann zielführend sein. Sinnvoll ist es ebenso, Haustiere länger mit Essen zu beschäftigen. Wieso nicht hin und wieder die Leckerli in einer Schnüffelmatte oder an verschiedenen Stellen im Haus verstecken? Auch viel Bewegung erweist sich als unumgänglich, um Kalorien zu verbrennen und überflüssige Pfunde loszuwerden. Das zahlt sich in jedem Fall aus: Von mehr Frischluft, Spiel und Spass ausser- und innerhalb der eigenen vier Wände profitieren Vier- und Zweibeiner gleichermassen.
Risiken für ÜbergewichtAlter: Bei Hunden geht der Energiebedarf im Alter um 20 bis 30 Prozent zurück. Katzen hingegen neigen eher im mittleren Alter zu Übergewicht.
Kastration und Geschlecht: Kastrierte Tiere haben ein höheres Risiko für Übergewicht, Hündinnen sind öfters adipös als Rüden. Bei Katzen sind vor allem die männlichen Tiere betroffen.
Genetische Veranlagung und Rasse: Bestimmte Hunderassen wie Labrador, Golden Retriever oder Beagle scheinen eine Veranlagung zu vermehrter Fetteinlagerung zu haben.
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