«Wenn Vollmond ist, herrscht eine ziemliche Unruhe im Stall», erzählt Lars Renggli von seinen rund 30 Wasserbüffeln. «Manchmal schlagen sie einander sogar mit den Hörnern.» Die Komik daran: Renggli weiss jedes Mal genau, welcher der Übeltäter war. «Wenn ich mal laut werde im Stall, sehe ich es ihnen sofort an.» Er meint dann eine gewisse Scham zu erkennen. Seine Wasserbüffel haben es jedoch nicht nur faustdick hinter den Ohren, sie können auch ziemlich stur sein. «Wenn du etwas erzwingen willst, machen sie extra das Gegenteil», erzählt Renggli. «Stresst du sie, fangen sie an zu pinkeln, gehen auf die Knie und als Letztes legen sie sich hin.» Deshalb nimmt sich der Landwirt viel Zeit, um das gegenseitige Vertrauen zu stärken.

«Es ist wichtig, sich beim Melken ruhig zu verhalten.»

Vor allem das Melken ist bei Wasserbüffeln eine Herausforderung. «Man darf keine nervöse Person sein», so der Entlebucher. «Es ist wichtig, sich beim Melken ruhig zu verhalten.» Dank eines zweiten Schliessmuskels können die Wasserbüffel ihre Milch einfach zurückhalten, wenn ihnen nicht wohl ist. Auch auf dem Hof Schufelbühl war das zu Beginn ein Problem. Doch schon bald hatten die Rengglis den Dreh raus, wie sie ihre Büffel überlisten können: Lockfutter im Melkstand. Darauf stürzen sich die Tiere – die sonst hauptsächlich Heu oder Gras zwischen die Zähne bekommen – regelrecht und mampfen während des Melkens zufrieden vor sich hin. «Wir haben uns zu 80 Prozent ihnen angepasst, sie uns zu 20 Prozent», sagt Lars Renggli. So wurden er und seine Wasserbüffelherde zu einem eingespielten Team. Die massigen Tiere wissen genau, wo sie im Freilauf fressen und wo sie baden dürfen. Auch das war nicht immer so. «Am Anfang haben sie einfach Löcher ins Land gemacht, der zu einem riesigen Sumpf angewachsen ist», erzählt der Familienvater. «So nahe beim Haus war uns das etwas zu gefährlich. Deshalb haben wir jetzt einen fixen Pool gebaut für sie.» Dort drin kühlen sich die massigen Tiere vor allem im Sommer gerne ab. Denn dabei holen sie sich nicht nur einen Schutz gegen die Sonne, sondern auch gegen Insekten.

Strenge Haltevorschriften

Ist Wasser in der Nähe, kommen die Büffel gut mit Hitze zurecht. Ihr Ursprung liegt in Südostasien, wo sie schon vor Tausenden von Jahren domestiziert wurden. Erst 1996 kam es zu den ersten Importen in die Schweiz – unter anderem nach Schangnau, ins Nachbardorf der Rengglis. Es gelten strenge Vorschriften für die Haltung der bis zu 900 Kilogramm schweren Büffeln: Der Zugang zu einem Badeplatz ist Pflicht, eine Anbindehaltung ist komplett verboten und auch Enthornungen sind bei diesen Tieren kein Thema. «Bis in die Spitze der Hörner haben Wasserbüffel Gefühl im Horn», weiss Renggli. Deshalb nutzen sie diese auch ständig dafür, ihre Umgebung zu erkunden und zu bearbeiten.

Entsprechend anders laufen die Dinge bei diesen Exoten im Stall. «Wenn etwas lose ist, wird es bald abgerissen», so Landwirt Lars Renggli. «Ideal wären eineinhalb Meter Beton, dann hätte man Ruhe», ist er überzeugt. «Aber was wir in Reparaturen am Stall investieren müssen, können wir beim Tierarzt sparen.» Da die Wasserbüffel sehr robuste Tiere sind, komme dieser selten vorbei.

Zucht mit Grenzen

Die meisten Wasserbüffel in der Schweiz sind italienischer Abstammung, wo der Büffelmozzarella seinen Ursprung hat. Diese Unterart weist eine leicht höhere Milchleistung auf als ihre Artgenossen aus Rumänien, die vermehrt auch noch als Arbeitstiere eingesetzt wurden. Aus diesem Grund haben die Rengglis italienische Wasserbüffel im Stall. Trotzdem geben die Tiere nur ein Drittel so viel Milch wie eine normale Kuh. «Ihnen Kraftfutter zu geben, nützt nichts», erklärt Renggli. «Die ganze Energie geht in ihre Fettreserve unten am Hals anstatt ins Euter.»

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Auch sämtliche Versuche, die Milchleistung zumindest etwas zu steuern, seien ins Leere verlaufen. «Der allermeiste Büffelmozzarella wird in der Schweiz im Sommer oder Herbst gegessen», so Renggli. Das ist jedoch genau die Zeit, in der die Büffel immer weniger Milch geben, weil das Abkalben näher rückt. Am saisonalen Ablauf ihrer zehnmonatigen Tragzeit lässt sich jedoch nicht rütteln. «Deshalb frieren wir die meiste Milch ein und liefern sie dann, wenn die Käserei sie braucht», erklärt der Betriebsleiter. «Hat man keinen eigenen Gefrierraum, muss man gar nicht mit Büffelmilch anfangen», ist er überzeugt.

Die dorfeigene Käserei war von Beginn weg der Hauptmotivator gewesen, weshalb sich die Rengglis überhaupt auf das Abenteuer Wasserbüffel eingelassen hatten. Als die Käserei vor 15 Jahren von Schangnau nach Marbach umzog, fragte sie aktiv Bauern an, ob sich diese eine Umstellung vorstellen könnten. Der bessere Milchpreis war schliesslich der ausschlaggebende Punkt, den Versuch zu wagen. Bis heute ist der Preis so stabil geblieben, dass er die geringere Milchleistung der Büffel wettmacht. «Diese Tiere waren mit ein Grund, weshalb ich den Hof übernommen habe», betont Lars Renggli. Für den Vater von zwei Kindern war es eine Bedingung gewesen, von der Landwirtschaft leben zu können. Er kenne genügend Kollegen, die noch auswärts arbeiten müssen, erzählt der Entlebucher. «Das wollte ich nicht, denn das geht an die Substanz.»

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Bisher ist die Rechnung aufgegangen und Renggli schaut optimistisch in die Zukunft. «Unser Hauptgeschäft ist Mozzarella. Doch auch das Fleisch hat noch Potenzial», ist er sich sicher. Dieses wird auch wegen des erhöhten Eisengehalts sowie einem niedrigen Cholesterinwert geschätzt. «Der Geschmack ist etwas intensiver und erinnert an den Geschmack von Hirsch», so Renggli. Auch das Röhren der Büffel hat Ähnlichkeiten mit dem Rotwild.

Vielseitige Talente

Bis heute sind die aussergewöhnlichen Tiere in der Schweiz Exoten geblieben. Auf nur etwa 20 Betrieben sind in der Schweiz Wasserbüffel zu finden. Entsprechend gross ist das Interesse an den asiatischen Nutztieren. Ein Grund dafür sind Revitalisierungsprojekte, für die Wasserbüffel nützlich sein können. Vor allem, wenn ein See wegen zu viel Schilfwuchs zu verlanden droht. «Solange die Wasserbüffel nichts Besseres finden, fressen sie das Schilf weg», erklärt Renggli. «Sie können ihre Löcher machen und beleben das Land mit ihrem Dung.» Auch ein paar seiner Tiere waren schon an solchen Projekten beteiligt. Schweizweit seien derzeit noch weitere in der Entwicklung.

Trotz der vielen Talente der Wasserbüffel wird die besondere Milch wohl immer ihr Markenzeichen bleiben. Sie ist weisser und cremiger als die gewohnte Kuhmilch. Mit ihrer feinen Konsistenz und dem süsslichen Geschmack gibt sie dem Mozzarella eine ganz eigene Note. Ebendiese Qualität sei der Grund, weshalb der Büffelmozzarella bis heute so viele Fans hat. «Wir brauchen auch keine Antibiotika», verspricht Renggli. «Das ist alles Natur pur!»