Gutes Heu für Pferde zu finden, gleicht der sprichwörtlichen Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Rund 112 000 Equiden leben in der Schweiz, deren Fütterung zu 70 bis 100 Prozent auf Heu basiert. Doch das Grundnahrungsmittel ist oft alles andere als ideal. «80 Prozent der aufgestallten Pferde husten», sagt Corinne Hauser von Best of Horse Hay. «Viele kämpfen mit Erkrankungen der Atemwege, Magen-Darm-Problemen und Fettleibigkeit.» Nach einem Symposium zur Pferdefütterung im Jahr 2021 war für sie klar: Das Hauptproblem liegt in der Qualität des Raufutters – also von Heu und Stroh.

Deshalb schloss sie sich mit zwölf Expertinnen und Experten zusammen, um Interessierte über Pferdeheu aufzuklären und die Szene darauf aufmerksam zu machen, dass eine gute Heuqualität unabdingbar für ein gesundes Pferdeleben ist. Die Heuproduktion ist dabei deutlich komplexer, als es scheint. Es geht nicht nur um die Zusammensetzung der Gräser, sondern auch um Standort, Bodenbeschaffenheit, Schnittzeitpunkt, Bewirtschaftung und Lagerung. All diese Faktoren beeinflussen am Ende, was im Magen-Darm-Trakt des Pferdes landet – und ob es gesund bleibt.

Qualitativ hochwertiges Heu erkennt man an seinem frischen, aromatischen Duft, einem satten Grünton und einer weichen Haptik. Ein hoher Stängelanteil ist erwünscht – doch der Halm darf nicht zu holzig sein. Die sogenannte Knickprobe hilft bei der Einschätzung: Lässt sich ein Heuhalm problemlos biegen, ohne zu brechen, ist der Ligningehalt, also der Holzanteil, noch im gesunden Bereich. Bricht er hingegen, könnte das Heu für den empfindlichen Pferdemagen zu ballaststoffreich sein. Staub ist ein weiteres Warnsignal. Staubendes Heu deutet oft auf Verunreinigungen durch Erde oder Sand hin und kann bei Pferden Husten auslösen.

Heu ist jedoch nicht gleich Heu – und auch nicht jedes Tier braucht das Gleiche. Milchkühe benötigen beispielsweise proteinreiches, energiedichtes Heu, das für Pferde oft ungeeignet ist. Doch auch innerhalb der Pferdewelt gibt es Unterschiede: Ein Beistellpony hat einen ganz anderen Bedarf als ein hochtrainiertes Sportpferd eines Profis.

Als Faustregel gilt: Je länger das Gras vor dem Schnitt auf der Wiese steht, desto mehr nehmen Eiweissgehalt, Energie und Verdaulichkeit ab.

Grün ist nicht gleich Gras

Viele Flächen, die für die Produktion von Heu genutzt werden, bestehen aus speziellen Grasmischungen. Je nach Tierart bieten Saatguthersteller Mischungen an, die auf unterschiedliche Bedürfnisse abgestimmt sind.

Mischkulturen haben viele Vorteile: Sie liefern ein breiteres Nährstoffspektrum, sind widerstandsfähiger gegenüber Wetterextremen, bringen stabilere Erträge über Jahre hinweg – und hemmen das Aufkommen von Unkraut. Welche Mischung passt, hängt davon ab, wer sie später frisst. Heu mit Kräutern oder Leguminosen wie Luzerne oder Klee enthält besonders viel Eiweiss, Energie und Kalzium – ideal für Hochleistungstiere, aber für viele Freizeitpferde bereits zu nährstoffreich.

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen horst- und rasenbildenden Gräsern. Knaulgras und Timothee – typische Horstgräser, wachsen büschelartig, wurzeln tief und streben in die Höhe – ideal für Heuwiesen. Rasenbildende Gräser wie etwa das englische Raigras wachsen dagegen flach und dicht – perfekt für Weideflächen. Wird eine Wiese sowohl zur Beweidung als auch für Heu genutzt, braucht es eine abgestimmte Mischung und es müssen Kompromisse gemacht werden.

Schnipp, schnapp, Heu ab

Auch der Mähzeitpunkt entscheidet massgeblich über die Qualität von Heu. Je länger das Gras steht, desto mehr sinken Eiweiss- und Zuckergehalt. Gleichzeitig steigt die Belastung mit unerwünschten Schimmelpilzen (Mykotoxinen). Meist orientieren sich Produzenten am Blühzeitpunkt: Nach der Blüte beginnt das Gras zu verholzen und wird für Pferde schwerer verdaulich. Wann genau gemäht wird, hängt vom Bedarf des Tieres ab:

Heuwiesen werden in der Regel mehrfach im Jahrgemäht. Der zweite Schnitt wird als Emd bezeichnet. Auch er kann, bei optimalem Schnittzeitpunkt, für Pferde geeignet sein. Doch Theorie und Praxis klaffen oft auseinander. Der Schnittzeitpunkt richtet sich nicht nur nach der Blüte, sondern vor allem nach dem Wetter. Damit Heu konservierbar bleibt, muss es je nach Sonneneinstrahlung zwei bis vier Tage trocknen – und das gleichmässig. Dafür wird es mehrmals täglich mit dem Kreisler gewendet. Wird es mit mehr als 14 Prozent Restfeuchte gepresst, droht Schimmelbildung.

In Jahren mit häufigem Regen, wie etwa im 2024, reichen die kurzen Trockenphasen oft nicht aus. Immer mehr Landwirtinnen und Landwirte greifen deshalb zur technischen Hilfe und setzen auf Heubelüftung. Doch auch das beste Heu verliert seinen Wert, wenn es falsch gelagert wird. Wird es feucht, beginnt es zu schimmeln und wird somit unbrauchbar oder sogar gesundheitsschädlich für die Tiere. Eine sachgerechte Lagerung ist daher entscheidend. Paletten unter den Ballen schützen vor Bodenfeuchtigkeit, und auch die Luftzirkulation am Lagerplatz muss stimmen. Denn Heu «schwitzt» oft noch nach – es gibt Restfeuchtigkeit ab, bis es vollständig trocken ist. Ohne ausreichende Belüftung kann sich diese Feuchte stauen und zu Schimmel führen. Und dann bleibt nur noch der Weg auf den Miststock.

Heu muss in Zukunft hoch hinaus

Werner Hengartner, einer der Experten von Best of Horse Hay erklärte, welchen Einfluss der Klimawandel auf die Heuproduktion hat. Grundsätzlich verschiebt sich die gesamte Vegetationsperiode zeitlich nach vorne. Prognosen zufolge werden die Sommer insgesamt viel trockener – vor allem im Flachland wird es dadurch zu Ertragsverlusten kommen. Zwei Monate Trockenheit können den Ertrag um bis zu 80 Prozent reduzieren. Hengartners Empfehlung: künftig vermehrt in höheren Lagen produzieren, wo die Bedingungen stabiler bleiben. Auch vielfältige Saatmischungen gewinnen an Bedeutung, da Monokulturen wetterbedingten Schwankungen weniger gut standhalten. Zudem rät er, das Frühlings- und Herbstgras stärker zu nutzen – und Futtervorräte für trockene Jahre anzulegen. «In Zukunft werden die Heupreise in Trockenzeiten deutlich steigen», warnt Hengartner.