Waldpolizei auf sechs Beinen
Wächter, Krieger und Eindringlinge: Die Welt der Ameisen in der Schweiz
In den Schweizer Wäldern leben noch unentdeckte Völker: Grosse Kolonien von Waldameisen sind auf der Suche nach Nahrung und Material für den Nestbau. Um die Tiere besser zu verstehen, sucht der Ameisenschutz beider Basel nach freiwilligen Ameisengöttis. Zusammen mit erfahrenen Experten begeben sie sich auf die Spur der emsigen Insekten.
Frühsommer im Solothurner Jura bei Seewen: Eine kleine Gruppe Naturfreunde wandert durch die hügelige Landschaft des Holzenbergs. Der Blick ist meist zum Boden gerichtet. Auf den angrenzenden Wiesen entdecken sie seltene Pflanzenarten wie das Männliche Knabenkraut (eine einheimische Orchideenart), aber auch Hinweise auf ein Tier, welches heute besonders im Fokus steht. Am Waldrand, wo die Sonne den Boden erwärmt, wuseln Hunderte von Waldameisen.
Zwei Kandidaten im Fokus
«Wer weiss, um welche Art es sich hier handelt?», fragt Reto Schöni in die Runde. Der Biologe nennt zwei mögliche Kandidaten: die Rote Waldameise (Formica rufa) oder die Kahlrückige Waldameise (Formica polyctena). Beide Arten sind vier bis acht Millimeter lang und rotbraun und schwarz gefärbt. Sie sind von den sieben in der Schweiz einheimischen Waldameisenarten in der Nordwestschweiz die beiden häufigsten. «Hast du eine Lupe dabei?», scherzt Fredy Nipkow, ebenfalls Ameisenexperte und Mitleiter der Exkursion. Nur so lasse sich feststellen, um welche Art es sich handelt, denn der Unterschied liegt in den feinen Härchen, die man von blossem Auge nicht erkennen kann.
Das Geheimnis des Nestes
Eline Staubli von der Beratungsstelle «Ameisenschutz beider Basel» lüftet das Geheimnis: Es handelt sich um die Kahlrückige Waldameise, deren Nest einige Meter weiter am Waldrand liegt. Diese Nester befinden sich meist auf oder um abgestorbene Baumstämme und können bis zu drei Meter Durchmesser erreichen. Die markanten Haufen bestehen aus Nadeln und Zweigen und bilden ein natürliches Wärmespeichersystem. Der Hauptteil der Behausung liegt jedoch unter der Erde – ähnlich einem Eisberg, ist der sichtbare Teil nur die Spitze.
Standortwahl und Beratung
«Der Standort hätte uns einen Hinweis geben können», meint Fredy Nipkow. Rote Waldameisen bevorzugen sonnige Waldränder, während Kahlrückige auch tiefer in den Wald vordringen. Allerdings würde dies – wie im vorliegenden Fall – nicht immer stimmen, gibt Staubli zu bedenken. Sie leitet seit 2023 die aus dem zwischenzeitlich ausgelaufenen Projekt «Ameisenzeit» entstandene Beratungsstelle «Ameisenschutz beider Basel», die vom Amt für Wald und Wild finanziert wird. In diesem Rahmen steht sie mit Fachwissen bei Fragen zur Verfügung und betreut die 36 ehrenamtlichen Freiwilligen, die sich um die rund 1800 Nester beider Basel kümmern.
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Vernetzter Naturschutz
Durch die Zusammenarbeit zwischen den ehrenamtlichen Gotten und Göttis, den Forstbetrieben, dem Basellandschaftlichen Natur- und Vogelschutzverband (BNV), dem Wald beider Basel (WBB) als Vertretung der Waldeigentümer und der kantonalen Naturschutzfachstelle verfügt die Fachstelle über ein breites Netzwerk mit guter Verankerung und Wirkung in der Fläche.
Daten für die Wissenschaft
Die Teilnehmerinnen der Exkursion hören den drei Ameisenexperten aufmerksam zu. Einige der Naturfreunde wollen ihr Wissen in Zukunft aktiv für den Schutz der Waldameise in der Region einsetzen. «Der Ameisenschutz beider Basel ist stets auf der Suche nach Ameisengotten und -göttis», so Eline Staubli. So nennt die Beratungsstelle Ehrenamtliche, die in einem ihnen zugeteilten Gebiet nach Waldameisenhügeln suchen, diese bei Bedarf markieren und in eine Datenbank eintragen. Auch Reto Schöni und Fredy Nipkow sind langjährige Ameisengöttis.
Ameisengotten und -göttis gesuchtWer gerne regelmässig in der Natur unterwegs ist und sich für den Naturschutz engagieren möchte, der kann in Basel Ameisengotte oder -götti werden. Diese beobachten in einemdefinierten Gebiet Waldameisennester und helfen dadurch dabei, die Entwicklung der Waldameisen in den beiden Basel zu verfolgen. Als Teil eines Netzwerks profitieren sie vom fachlichen Austausch sowie von jähr-lichen Aktivitäten und Ausbildungsmöglichkeiten. Mit dem Einsatz zum Schutz der Waldameisen fördern sie zudem langfristig das Waldökosystem. Interessierte wenden sich an Eline Staubli, Beratungsstelle Ameisenschutz beider Basel (ameisen-basel.ch) unter info(at)ameisen-basel.ch.
Waldpolizei und Honigtau
Ein Baum mit vielen Ameisen weckt die Neugier einer Teilnehmerin. Fredy Nipkow erklärt, dass es sich dabei um einen sogenannten Belaufbaum handelt, wie man sie oft in der Nähe der Nester antreffen kann. «Und was wollen die da oben? Am Boden liegen doch genug Nadeln herum», fragt eine Ameiseninteressierte. Nipkow nickt und erklärt dann, was die Ameisen in der Krone der Tanne finden: ihre Nahrungsquelle. Rund zwei Drittel der Nahrung eines durchschnittlichen Waldameisennests macht Honigtau aus. Dabei handelt es sich nicht um ein direktes Produkt des Baumes, sondern um die zuckerhaltige Ausscheidung von Pflanzenläusen. Diese saugen den Zellsaft des Baumes, können den überschüssigen Zucker jedoch nicht verdauen und scheiden ihn daher aus.
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Ameisen sind dafür bekannt, Blattläuse zu kultivieren, gegen Feinde zu verteidigen und zu melken, um an den süssen Honigtau zu gelangen. Diesen lagern sie im sogenannten Sozialmagen und transportieren den Saft so zurück ins Nest. Auch wenn jene Ameisen, die am Baum herunter und zurück zum Nest laufen also nichts offensichtlich bei sich tragen, so wird ihr Kropf voll mit Futter sein. Bei rund einer halben Millionen Arbeiterinnen pro Staat kommt ein einziges Nest pro Jahr dadurch auf etwa 200 Liter gesammelten Honigtau. Der Rest der Nahrung besteht vornehmlich aus etwa 28 Kilogramm oder 10 Millionen Insekten pro Nest. Das macht die Ameise zur regelrechten Waldpolizei, die ihre Umgebung aufräumt, sauber hält und andere Insekten reguliert.
Nektarien und Pflanzenpartnerschaft
Nebst Pflanzen mit Blattläusen verteidigen die fleissigen Insekten zudem solche, die ihnen in Form von Nektarien eine besondere Belohnung versprechen. So zeigt Reto Schöni den Exkursionsteilnehmern einen Stängel der Zaun-Wicke und fordert dazu auf, genau hinzuschauen. An der Basis der Blätter befinden sich eiförmige kleine Nebenblätter mit purpurbraunen Flecken. Diese enthalten Nektardrüsen, welche Ameisen anlocken sollen. Als Gegenzug schützen die Ameisen die Wicke vor Fressfeinden.
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Alles für den Staat
Bei den staatenbildenden Insekten herrscht strikte Arbeitsteilung. Die meisten Ameisen sind unfruchtbare Weibchen, die sogenannten Arbeiterinnen. Sie schwärmen auf der Suche nach Futter und Baumaterial aus, verteidigen das Nest und füttern die Larven. Diese schlüpfen aus den zahlreichen Eiern, welche die Königinnen legen. Während ein Ameisenstaat der Roten Waldameise nur eine Königin hat, besteht ein Staat der Kahlrückigen Waldameisen aus mehreren Haufen mit jeweils einer oder mehreren Königinnen. Man spricht hier auch von einer polygynen Art (poly = mehrere, gyn = Weibchen).
Aus den ersten im Frühjahr gelegten Eiern entwickeln sich weibliche Geschlechtstiere, die von den Arbeiterinnen mit besonderem Futter aus speziellen Unterlippenspeicheldrüsen gefüttert werden. Die Hormone in diesem Futter lassen die Larven sich zu geflügelten Jungköniginnen entwickeln, die kurze Zeit danach ausfliegen, um sich mit Männchen zu paaren. Die Samen des Männchens bewahrt das Weibchen in einer Samentasche im Körper auf, so dass sie während ihrer rund zwanzigjährigen Lebenszeit Eier legen kann, ohne sich erneut paaren zu müssen.
Wenn Ameisen lästig werdenIhre Vorliebe für Süsses lockt Ameisen auch mal in Häuser und Wohnungen. Führt eine Ameisenstrasse in die Küche, so ist es wichtig, sämtliche offenen Nahrungsmittel zu entfernen. Am besten, man lagert Lebensmittel grundsätzlich in geschlossenen Gefässen und entfernt Krümel und andere Essensreste zeitnah von Boden und Oberflächen.
Sobald Ameisen keine Nahrung mehr finden, ist das Haus für sie uninteressant und sie suchen an anderen Orten nach Fressbarem – im Idealfall ausserhalb der Wohnung. Doch auch im Garten sind Ameisen nicht immer gern gesehen. So lassen Kolonien unter Pflastersteinen schon mal den einen oder anderen Stein absacken. Hier sind stark riechende Hausmittel die Waffen der Wahl. Diese überdecken die Duftstoffe der Ameisen und sie finden den Weg zur Nahrung oder dem Bau nicht mehr. Für manche Kolonien Grund genug, sich eine neue Bleibe zu suchen.
Bewährt haben sich Essig, Zitrone, Zimt und Pflanzenjauche. Auch Kräuter wie Lavendel, Thymian und Majoran mögen Ameisen nicht gerne. Im Garten verteilt, halten diese Pflanzen die emsigen Tiere davon ab, Blattläuse gegen Fressfeinde zu beschützen.
Die Königin kann dann jeweils steuern, ob sie befruchtete Eier legen will, aus denen sich Arbeiterinnen entwickeln, oder unbefruchtete, aus denen Männchen schlüpfen. Letztere sind ebenfalls geflügelt, werden nach dem Hochzeitsflug im Frühling jedoch aus dem Staat vertrieben. Ab diesem Zeitpunkt sterben sie innert weniger Tage. Die fruchtbaren Weibchen hingegen streifen nach der Verpaarung ihre Flügel ab und kehren artenabhängig in das Nest zurück oder bilden in einiger Entfernung eine eigene, neue Kolonie. Wird eine Kolonie zu gross, so sondern sich insbesondere bei der Kahlrückigen Waldameise einige Königinnen ab und bilden sogenannte Ablegerkolonien in der Nähe.
Von Hügeln und Hütern
Eben solche entdeckt die Exkursionsgruppe auf der Höhe des Holzenbergs tief im Wald. Die meisten der Hügel sind bereits mit einem Stab markiert und einer Zahl zugeordnet. Im Untersuchungsgebiet kehrt der zuständige Götti oder die zuständige Gotte jedes Jahr zu den Nestern zurück und notiert Grösse und Zustand. So kommt es auch vor, dass im Laufe eines Jahres Nester zerstört wurden. Selten tragen unachtsame Waldarbeiter oder mutwillige Naturfrevler die Schuld dafür, meist sind Wildtiere wie Specht, Dachs und Wildschwein für die Zerstörung verantwortlich. «Für den Grünspecht und den seltenen Wendehals sind Ameisen die Hauptnahrungsquelle», erzählt Fredy Nipkow.
Ameisensäure und Einemsen
Damit beantwortet der Forstingenieur und ehemalige Kantonsförster des Kantons Schwyz auch die Frage nach einem weiteren ökologischen Nutzen der Insekten: Sie dienen anderen Tieren als Nahrung. Um sich gegen das Gefressenwerden zu wehren, besitzen Waldameisen Drüsen, über die sie Ameisensäure zur Verteidigung einsetzen können. Mit diesem ätzenden Gift können Ameisen Feinde in bis zu einem Meter Entfernung besprühen. Einigen Vogelarten dient die Ameisensäure jedoch auch als aggressives Reinigungsmittel. So setzen sich insbesondere Eichelhäher mit ausgebreiteten Flügeln auf Ameisenhaufen, um sich von den Insekten mit Ameisensäure besprühen zu lassen. Dieses sogenannte Einemsen soll dazu dienen, Parasiten vom Gefieder fernzuhalten.
Samenverbreitung per Insekt
Doch Waldameisen dienen nicht nur als Nahrungsquelle. Auch ihr eigener Appetit führt zu einem Nutzen für andere Arten. Die Insekten fressen nicht nur Honigtau und Arthropoden, sondern gelegentlich auch die fettreichen Anhängsel an Samen von Pflanzen. Diese sogenannten Elaiosome bilden Pflanzen in der Absicht, dass Ameisen sie einsammeln und zusammen mit dem Samen über grössere Distanzen zurück zum Nest tragen. Hier wird das Anhängsel abgetrennt und gefressen, während der Samen aus dem Nest entfernt wird. Da kann dieser anschliessend keimen und eine neue Pflanze entstehen.
Solche Pflanzen, die Ameisen zur Ausbreitung ihrer Samen benutzen, nennt man Myrmekochorien. Zu ihren bekanntesten Vertretern gehören die Herbstzeitlose, Schneeglöckchen, Leberblümchen und viele Veilchen-Arten. Durch ihre Aktivitäten tragen Waldameisen zudem zur Belüftung des Bodens bei, zum Nährstoffkreislauf und der Bekämpfung von Schädlingen.
Strassen quer durch den Wald
Über Letzteres diskutiert Fredy Nipkow gerne mit Reto Schöni. Der Biologe ist nebst Ameisengötti auch Experte für Zecken und bestreitet, dass Ameisen diese fressen. Nipkow weist auf eine Studie hin, wonach in Gebieten mit Waldameisen weniger Zecken vorkommen als in Gebieten ohne Ameisen. Schöni bemerkt, dass Ameisen keine ausgewachsenen Zecken fressen, schon alleine aufgrund der von dem Spinnentier produzierten Abwehrstoffe. Die beiden Ameisenfreunde einigen sich schliesslich darauf, dass der Grund des Zeckenmangels in Ameisengebieten sein könnte, dass die Tiere die Larven und Nymphen, also die Jungzecken, fressen.
Feindliche ÜbernahmeDie Gründung einer neuen Kolonie ist anstrengend und gerade für die Königin der Roten Waldameise allein fast unmöglich. Umso praktischer kann es als junge Waldameisenkönigin sein, ein fremdes Nest zu übernehmen und sich dessen bereits vorhandenen Arbeiterinnen Untertan zu machen. Unter dieser Strategie leidet in Europa vor allem die Grauschwarze Sklavenameise (Formica fusca), die ihrem Status als Zielart für feindliche Übernahmen ihren Namen verdankt. Jung-königinnen der Waldameise dringen in die Nester der ähnlich grossen Grauschwarzen Sklavenameise ein, töten die Königin und fangen selbst an, Eier zu legen. Die Aufzucht der Waldameisen erfolgt dabei durch die noch vorhandenen Sklavenameisen.
Zudem wird vermutet, dass die Ameisen das Mikroklima rund um ihre Nester so verändern, dass es für die feuchtigkeitsliebenden Zecken unvorteilhaft ist. So schlagen die Ameisenstrassen regelrechte Schneisen durch die Vegetation und geben den Boden dem wärmenden Sonnenlicht Preis. Wie Ameisenstrassen entstehen, erklärt Schöni den interessierten zukünftigen Ameisengöttis: «Ameisennester senden Kundschafter aus, die auf der Suche nach Nahrung quer durch den Wald laufen. Haben sie etwas entdeckt, kehren die Ameisen auf geradem Wege zum Nest zurück». Hierbei orientieren sich die Tiere auch am polarisierten Sonnenlicht, weswegen Ameisen auch in der Wüste ohne Anhaltspunkte in der Landschaft ihr Nest finden. Auf dem Weg hinterlassen sie eine Duftspur, die von anderen Ameisen aufgenommen wird.
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«Ameisen können stereoskopisch riechen, das heisst, dass sie mit den Geruchssensoren ihrer Antennen wahrnehmen können, aus welcher Richtung genau ein Geruch kommt», erklärt der Biologe. Sie folgen der schwächer werdenden Duftspur, nehmen an der Quelle Nahrung auf, die sie ebenfalls zurück zum Nest transportieren, während sie eine eigene Spur hinterlassen und auf dem Weg weitere Ameisen rekrutieren. Denn ein gefüllter Sozialmagen führt zur Ausscheidung von Geruchsmolekülen am Hinterleib, was die Duftspur verstärkt. Ist die Nahrungsquelle erschöpft, bricht die Duftspur ab und die Futtersuche beginnt von vorne.
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«Ameisen können stereoskopisch riechen.»
Projektarbeit mit Perspektive
Solche Ameisenstrassen ziehen sich kreuz und quer über den Holzenberg. Um die Waldameise zu fördern, werden hier seit 2021 auf einer Projektfläche versuchsweise Massnahmen ausprobiert. Unter anderem wird der Wald stellenweise aufgelichtet und Totholzhaufen geschaffen. Diese stehen im Verdacht, den Ameisen nebst Baumstümpfen als Basis für ihre Nester zu dienen. Sollte sich das bewahrheiten, könnte man durch das gezielte Errichten von Totholzhaufen Waldameisen in einem bestimmten Gebiet besser fördern.
Den Erfolg verfolgt das Umweltbüro mithilfe der Ameisengotten und -göttis. «Für das Ehrenamt braucht es kein spezielles Fachwissen, dafür stehen wir von der Beratungsstelle zur Verfügung», betont Eline Staubli. So sind unter den Interessierten bei der Exkursion auf dem Holzenberg auch ein Informatiker und eine Lehrerin. Ihre Motivation begründen sie mit der Freude an der Natur und dem Draussensein per se. Dabei noch etwas für den Naturschutz und die Wissenschaft zu tun, ist daneben ein zusätzlicher Bonus.
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Die schwarze InvasionEigentlich ist die Grosse Drüsenameise (Tapinoma magnum) im Mittelmeerraum heimisch. Durch den Pflanzenhandel wurde sie jedoch auch in die Schweiz eingeschleppt. Die kleine, schwarze Ameise lässt sich von einheimischen Arten lediglich durch den grossen Grössenunterschied (Polymorphismus) bei den Arbeiter-innen unterscheiden.
2017 sorgten die Grossen Drüsenameisen zum ersten Mal in der Schweiz für Schlagzeilen, weil sie im Kanton Waadt erst eineKinderkrippe und anschliessend einen Friedhof in Beschlag genommen haben. Die wärmeliebende Art siedelt gerne in der Nähe von Häusern an und nistet auch dort. Geschützt vor Fressfeinden, vermehrt sie sich schnell und bildet zudem über mehrere Hektar grosse Kolonien, bestehend aus miteinander verbundenen Nestern. Dadurch tritt sie in Konkurrenz mit einheimischen Arten und kann diese verdrängen.
Ihren Erfolg verdankt sie auch dem aggressiven Verhalten gegenüber potenziellen Feinden. Ihr Gift kann Infektionen und allergische Reaktionen auslösen. Sie steht zudem im Verdacht, in der Landwirtschaft Schäden zu verursachen, indem sie die Wurzeln von Nutzpflanzen angreift. Zuletzt brachte die Grosse Drüsenameise ein Projekt der SBB zum Stillstand. In Winterthur haben die invasiven Ameisen eine Fläche von zehn Fussballfeldern entlang der Gleise und beim Bahnhof Töss besiedelt. Sie verunmöglichen damit auch den Bau eines Tunnels als Teil des Grossprojekts «Mehrspur», das den Engpass bei Effretikon entschärfen soll. Es wird befürchtet, dass sich die invasive Art durch das Abtragen des Bodens weiter ausbreiten könnte. Ob und wie die Grosse Drüsenameise bekämpft werden kann, wird heiss diskutiert.
Darum ist Vorbeugen besser. Info fauna empfiehlt, die Erde von Zierpflanzen und -sträuchern auf den Befall der Grossen Drüsenameise zu untersuchen. Bei Verdacht können zehn tote, in Alkohol getauchte oder eingefrorene Tiere an Anne Freitag vom Zoologischen Museum in Lausanne zur Bestimmung geschickt werden.
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