Ein schwerer Unfall mit ihrem Pferd führte zu einem Gesinnungswandel von Kathrin Renée Schüpbach-Schäfer und bildete den Startschuss zu ihrer Tätigkeit als Coach mit Pferden. «Bis zum Unfall war ich sowohl beruflich als auch in der Arbeit mit meinem Friesenhengst äusserst zielorientiert unterwegs», erinnert sich die Pferdeliebhaberin. Nach einem Wirtschaftsstudium, das auf Wunsch der Eltern erfolgte, war sie erst in der Stellenvermittlung tätig und leitete später das Personalwesen eines Grosskonzerns mit über 6500 Mitarbeitenden. Der Unfall zeigte der ehrgeizigen Frau auf, dass sie im Umgang mit ihrem herausfordernden Pferd, aber auch beruflich neue Wege gehen wollte. «Das Thema Führen und die Arbeit mit Menschen und Pferden war bei mir schon immer präsent, nun wollte ich zu meinen alten, natur- und gefühlsorientierten Werten zurückkehren.» Aufgrund der Erfahrungen, welche sie zusammen mit ihrem Hengst in Sachen Leadership machen konnte, erkannte Schüpbach-Schäfer die positiven Veränderungen in ihrer eigenen Führungsarbeit. Dies war der Grund, dass sie den Weg in die Selbständigkeit wagte und vor mehr als 22 Jahren die QueensRanchAcademy gründete, mit ihrem eigens designten Konzept, Menschen an Pferden in ihrer Führungsrolle wachsen zu lassen. «Damals war pferdegestütztes Coaching unbekannt und ich musste auf meinen Prospekten klar deklarieren, dass ich keiner Sekte angehöre», erzählt die Pferdenärrin lachend. Mittlerweile hat sich die Academy mit ihrem pferdezentrierten Coachingansatz schweizweit etabliert.

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Ihre Tätigkeit stützt sich auf drei Standbeine: Coachings und Seminare von Privatpersonen, worin auch ein Ausbildungsprogramm zum pferdegestützten Coach enthalten ist, die Arbeit mit Organisationen und Teams im Businessbereich sowie die Zusammenarbeit mit der Invalidenversicherung für die Arbeitsintegration von Menschen mit einem Burn-out. Nach langjähriger Planungs- und Bauphase erfolgte vor rund zwei Jahren der Umzug aus dem Aargau in die Nähe des Murtensees, wo Kathrin Renée Schüpbach-Schäfers Mann seine Wurzeln hat.

Coachingpartner Pferd

Die umtriebige Menschen- und Pferdefreundin führt die QueensRanchAcademy allerdings nicht in Eigenregie. Auf der modernen Anlage ist ein 15-köpfiges Team tätig – bestehend aus sechs Mitarbeitenden und neun Pferden und Ponys. Shetlandponys tummeln sich gemeinsam mit einem Freiberger, einem American Quarter Horse, einem PRE (Reine Spanische Rasse) und portugiesischen Wallachen auf dem Auslauf.«Weder Alter noch Rasse der Pferde spielen eine Rolle, um sie als Coachingpartner einsetzen zu können», weiss die Betriebsleiterin. Die Arbeit mit Fohlen und ganz jungen Pferden lehnt sie jedoch ab, denn die Pferde müssen erst eine eigene Persönlichkeit entwickelt haben, um diejenige der Menschen widerspiegeln zu können. Oft finden die Pferde den Weg in die QueensRanchAcademy und werden Kathrin Renée Schüpbach-Schäfer zum Kauf angeboten. Meist sei es dann ein Entscheid aus dem Bauch heraus und nicht über den Verstand, ob der entsprechende Vierbeiner bei ihnen einziehen dürfe.

Als Fluchttiere sind Pferde stets aufmerksam und gehen mit ihrem Verhalten auf die Energie und Körpersprache der Person ein, mit der sie interagieren. Gefühle wie Aufgeregtheit, Apathie, Selbstzweifel oder ein dominantes Verhalten vermögen sie während des Parcours, der gemeinsam zu Fuss absolviert wird, mit ihrer Reaktion zu spiegeln. Pferde begegnen dem Menschen nie mit Vorurteilen und geben so ein ganz und gar ehrliches Feedback.

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«Gutes Beobachten und Zuhören ist das A und O in der Coachingarbeit», ist Kathrin Renée Schüpbach-Schäfer überzeugt. Ein Coach muss spüren, was zwischen Pferd und Mensch abläuft, weshalb die psychologische Kompetenz, aber auch eine gute Pferdekenntnis für diese Arbeit elementar sind. Kündigt sich eine gefährliche Situation an, in der das Pferd sich hektisch verhalten könnte, weil der Mensch zu viel Druck macht, muss der Coach dies erkennen und unterbrechen. «Ein respektvoller Umgang mit dem Partner Pferd ist mir wichtig», so die Academy-Leiterin.

Erlebnisorientierte Persönlichkeitsentwicklung

Die Pferde schaffen bei den Coachees ein Gefühl der Ruhe und des Angekommenseins. Ihre Anwesenheit lockert das Setting auf und schafft so ganz neue Räume und Zugänge. Lernen wird so zu einem Erlebnis.Kathrin Renée Schüpbach-Schäfer arbeitet heute hauptsächlich mit Erwachsenen, denn Kinder führen ihrer Erfahrung nach immer auf die Themen der Erwachsenen zurück, mit denen sie zu tun haben. Sie coacht Einzelpersonen sowie Teams und hat sich auf die systemische Familienaufstellung, Coachings für Führungspersonen und die Arbeit mit Frauen zu den Themen Gewalt, sexuelle Vergewaltigung und Kindsverlust spezialisiert. Gerade bei der Traumatherapie sei es auch einmal sinnvoll, ohne das Pferd als dritte Position zu arbeiten.

«Beobachten und Zuhören ist das A und O der Coachingarbeit.»

Ein solches Coaching, ob nun mit oder ohne Pferd, hat die Selbstreflexion und Persönlichkeitsentwicklung zum Ziel. Dabei ist es der Fachfrau sehr wichtig, ihre Klienten mit Lösungsansätzen und nicht in Verwirrung auf den Heimweg zu schicken. In der Arbeit mit Pferden können Themen aufgezeigt werden, es bedarf aber umbedingt immer einer Brücke von der Erkenntnis zur Umsetzung im Alltag. «In meiner Arbeit als Coach muss ich viele Fragen über die Wahrnehmungen des Coachees stellen, aber nicht nur mein Gegenüber,sondern auch mich selbst gut reflektieren können», erklärt Kathrin Renée Schüpbach-Schäfer. Eine Aus-sage, die von Fachkenntnis und Erfahrung zeugt. So scheint ihre nächste Zielsetzung, die QueensRanchAcademy als Fachhochschule anerkennen zu lassen, um Module in Ausbildungen für Führungspersonen oder für Lehrerinnen anbieten zu können, keineswegs zu hoch gegriffen.

queens-ranch.ch