IGSU-Umfrage
So steht es um die Littering-Situation in der Schweiz
Das Schweizer Kompetenzzentrum gegen Littering (IGSU) hat nicht nur den nationalen Clean-Up-Day ins Leben gerufen, sondern setzt sich auch während einer Tour durch Schweizer Städte und Gemeinden gegen Littering und für Recycling ein. Die Ergebnisse der alljährlichen IGSU-Umfrage zeigen: Die Littering-Situation in der Schweiz verbessert sich kontinuierlich.
Dietikon im Kanton Zürich erlebte am 20. Oktober einen Herbsttag, wie er im Buche steht: Der Himmel neblig und grau, die Strassen wirken an diesem Sonntagmorgen wie ausgestorben. Und doch stechen Farbtupfer heraus: Sei es von einzelnen Geschäften, vom bunten Laub oder auch von den Marktständen und Anlagen der Chilbi. Doch je mehr man sich aus dem Stadtzentrum heraus in Richtung der Freizeitanlage Chrüzacher bewegt, desto mehr Menschen sind zu hören. Vor allem begeisterte Kinderstimmen stechen heraus. Der Grund: In der Parkanlage wird das Herbstfest gefeiert.
Die Freizeitanlage sticht nicht nur durch spezielle architektonische Elemente und einen grosszügigen Abenteuerspielplatz heraus, sondern auch durch ihre Tiere: Ponys, Esel, Ziegen, Hühner, Hasen, bunte Vögel und eine Katze sind hier zu Hause. Zum Programm des Herbstfests gehört die Taufe eines nur wenige Wochen alten Eselfohlens. Zahlreiche Familien und Kinder warten gespannt auf die Verkündung des Namens des kleinen Hengstes. Während Merlin schliesslich der Welt vorgestellt wird, baut eine Gruppe weiss angezogener Menschen etwas abseits der Menge einen Informationsstand auf. Bei näherer Betrachtung zeigt sich: Es handelt sich um ein Botschafter-Team des Schweizer Kompetenzzentrums gegen Littering (IGSU).
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Die IGSU ist unter anderem verantwortlich für die Organisation des nationalen Clean-Up-Days. Dieser findet seit 2013 jeweils im September an verschiedenen Standorten der Schweiz statt und mobilisiert jährlich zehntausende Helferinnen und Helfer, um die Umwelt von liegen gebliebenen Abfall zu befreien.
Doch nicht nur im September sagt die IGSU dem Littering den Kampf an: Botschafter-Teams sind das ganze Jahr über in Städten und Gemeinden, an Events und Schulen unterwegs, um die Bevölkerung zu sensibilisieren. Diese Aufgabe hat auch ein vierköpfiges Team am Chrüzacher-Fest in Dietikon.
Verschiedene Sensibilisierungsmassnahmen
Teamleaderin Donatella nimmt ihren Platz hinter dem aufgebauten IGSU-Stand ein. Nach der Taufe von Eselfohlen Merlin verteilen sich die anwesenden Leute in der Freizeitanlage. Interessierte Familien nähern sich dem Stand. Donatella packt ein Memoryspiel aus und beginnt, mit anwesenden Kindern zu spielen. Gesucht sind allerdings nicht zwei identische Bilder: Wer jeweils ein Foto von Abfall und eines mit dem dazu passenden Entsorgungsort findet, ist um ein Bildpaar reicher und dem Sieg so einen Schritt näher. Die Kinder wirken interessiert und stellen viele Fragen. Geduldig erklärt ihnen Donatella, weshalb Plastikflaschen nicht in PET-Sammelstellen gehören. Einige Aha-Momente folgen; ein Mädchen sagt jedoch: «Das wusste ich alles schon längstens.»
Donatella ist pensioniert und hilft seit einigen Jahren bei der IGSU mit. Als gebürtige Tessinerin, die in der Deutschschweiz lebt, spricht sie drei der vier Landessprachen. Entsprechend viel werde sie eingesetzt, erzählt die Teamleaderin. «Letzten Herbst war ich bereits hier. Wir haben dasselbe Memoryspiel gespielt wie heute – mit dem Unterschied, dass es heute nichts mehr zu gewinnen gibt, weil die Verpackung der Preise auch wieder Abfall verursacht.» Doch auch ohne Preise käme das Memoryspiel gut an, sagt Donatella. «Schliesslich kann man hier Informationen und Wissen gewinnen.»
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Memory zu spielen ist nur eine der Sensibilisierungsmassnahmen, die das IGSU-Botschafter-Team am Chrüzacher-Fest praktiziert. Anhand von Gegenständen, die aus Recycling-PET hergestellt sind, erklären die Botschafterinnen und Botschafter, wie PET-Getränkeflaschen rezykliert werden und für welche neuen Produkte das gewonnene PET wieder eingesetzt wird. Zudem räumt das Team die Freizeitanlage auf: Kinder erhalten Greifzangen und drehen mit einer Botschafterin Runden im Park, um Abfall einzusammeln und die Freizeitanlage sauber zu halten.
Viele der Kinder wüssten bereits gut Bescheid, erklärt Donatella. «Sie sind schnell fasziniert – vor allem, wenn man ihnen erklärt, warum wir solche Clean-Up-Aktionen durchführen. Wenn sie lernen, wie viel Zeit eine Bananenschale benötigt, um zu verrotten, stellen sie sofort viele Fragen.» Auch Ratschläge seien gefragt. «Ein Bub hat mich bereits gefragt, was er machen soll, wenn Papa seine Zigaretten aus dem Auto schmeisst.» Hinter solchen Fehltritten vermutet Donatella oft schlichtes Nichtwissen. «Wer weiss, dass eine einzige Zigarette bis zu 1000 Liter Wasser verschmutzen kann, handelt meist nicht mehr so leichtfertig.»
Die IGSU-Aktion ist eine von jährlich über 80 Einsätzen, bei denen sich Botschafterinnen und Botschafter gegen Littering und für Recycling eingesetzt haben. Wie viel Wirkung diese Massnahmen entfalten, ist schwierig zu beurteilen. Offizielle Zahlen zu nicht korrekt entsorgtem Abfall gibt es nicht. Littering ist in der Schweiz Sache der Kantone und wird daher nicht eidgenössisch erfasst.
Littering-Situation entspannt sich
Aufschlüsse über die Situation hierzulande gibt jedoch die Littering-Jahresbilanz der IGSU, die alljährlich publiziert wird. Für die letztjährige Ausgabe befragten IGSU-Botschafter-Teams im Zeitraum zwischen Mai und September 2024 insgesamt 2277 Passantinnen und Passanten in 37 Schweizer Städten und Gemeinden aller Landesteile zu ihrer Wahrnehmung zu Littering. Beurteilt werden dabei das Littering-Ausmass in der Schweiz, am Ort der Befragung und im Vergleich zum vorangegangenen Jahr. Ausserdem wird das durch Littering ausgelöste Störempfinden erfasst.
Die Resultate der Umfrage zeigen: Littering nimmt in der Schweiz seit 2015 kontinuierlich ab. Während 2015 noch 25 Prozent der Befragten der Ansicht waren, dass in der Schweiz «eher viel» oder «viel» gelittert wird, sind es 2024 noch 16 Prozent. Auch im Hinblick darauf, wie stark sich die Bevölkerung von Littering gestört fühlt, zeigt sich eine Verbesserung: 2023 störten sich 76 Prozent an der Littering-Situation im Land, 2024 waren es noch 65 Prozent.
«Dass die Massnahmen gegen Littering wirken, freut uns sehr», wird IGSU-Geschäftsleiterin Nora Steimer in der Bilanz zitiert. «Politik, Wirtschaft, Verbände und nicht zuletzt die mediale Berichterstattung sorgen seit Jahren dafür, dass das Bewusstsein für die Littering-Problematik in der Schweiz zunimmt.»
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