Jubiläum
150 Jahre Basler Zoo: Eine Stadt-Oase voller Geschichte
Der Basler Zoo feiert als ältester Zoo der Schweiz den 150. Geburtstag. Zum besonderen Jubiläum ist ein grossformatiges, vielfältiges Buch zum artenreichsten Schweizer Zoo erschienen.
Er prägt fürs Leben, verbindet Generationen, macht süchtig. Ob jung oder alt, praktisch alle in der Schweiz verbindet eine Geschichte mit dieser Institution. Der Basler Zoo ist etwas Besonderes. «Der Zolli hat mich mein ganzes Leben hindurch begleitet, ob als Kind, Vater, Lehrer oder jetzt als Pensionierter», schreibt beispielsweise Kaspar Dietrich Kradolfer im Buch «Die Stadt-Oase neu entdecken», das zum diesjährigen 150-Jahr-Jubiläum des Basler Zoos im Christoph-Merian-Verlag erschien.
Für Kradolfer ist der Basler Zoo der schönste Ort der Welt. So wie er schreiben viele unterschiedliche Menschen auf im Jubiläumsbuch speziell eingebundenen Seiten von ihrer Beziehung zum Zolli oder von besonderen Erlebnissen. Jeannette Hug-Stucki etwa berichtet, dass sie täglich bei vielen Tieren Halt mache. «Ich stehe einen Moment lang ruhig da und beobachte, was geschieht.» So entstand auch ihre Freundschaft mit dem Krokodil.
Wer den Zolli besucht, passiert die Kasse – und begegnet damit der ersten Zolli-Mitarbeiterin, beispielsweise Susanne Spalinger. Sie heisst seit 15 Jahren Besucherinnen und Besucher willkommen und sagt: «Ich sehe täglich so viele Menschen ein und aus gehen, dass ich oft schon im Voraus ahne, wonach sie fragen werden und welche Sprache sie sprechen.» Der Zoo Basel wurde im letzten Jahr von 1 190 821 Menschen besucht, viele davon stammten auch aus Deutschland und Frankreich. Da der Basler Zoo schon um 8 Uhr öffnet, führt für manche der Arbeitsweg durch den Zoo, andere haben das Ritual, allmorgendlich ihre Runde im Zolli zu absolvieren, dank der Jahreskarte. Rund 30 000 Zoobegeisterte besitzen ein Zoo-Basel-Jahresabo.
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Lange vor den Besuchern sind Tierpflegerinnen und Tierpfleger in der Basler Stadt-Oase aktiv. Rund 80 von insgesamt 215 Angestellten in 168 Vollzeitstellen kümmern sich um das Wohl der Tiere. «Wir sind alle ein bisschen verrückt», wird der Tierpfleger Christoph Studer im Buch zitiert. Ein Bild zeigt ihn im Vivarium beim Füttern eines südamerikanischen Krokodiltejus mit Achatschnecken. Seine Herzensangelegenheit sei, die Terrarien so herzurichten, dass die Bedürfnisse der Pfleglinge vollends erfüllt werden. Die Bepflanzung müsse ihr Herkunftsgebiet übersetzen. «Es fasziniert mich, dem Zoopublikum die Tiere auf diese Weise näherbringen zu können.» Wer im Zolli arbeitet, bleibt. Dienstjubiläen von 30 und 40 Jahren sind keine Seltenheit.
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Vom Käfig zum Lebensraum
Der Basler Zoo hat in seiner 150-jährigen Geschichte einen grossen Wandel durchgemacht. Durch die Ornithologische Gesellschaft Basel gegründet, sollte er einheimische Tiere zeigen. Bald schon kamen aber Exoten dazu. Wie in allen Zoos damals üblich, handelte es sich hauptsächlich um ein Zurschaustellen der Tiere. Sie präsentierten sich in mehrheitlich nackten und zweckmässig eingerichteten Käfigen. Welch ein Gegensatz zu den heutigen Gehegen! Der seit 30 Jahren im Basler Zoo tätige Direktor, Dr. Olivier Pagan, erklärt: «Im Vivarium werden seit der Eröffnung 1972 Biotope gezeigt. Seit 25 Jahren pflegen wir im gesamten Zoo Themenanlagen.» So zum Beispiel das Etoschahaus, das den Nahrungskreislauf der afrikanischen Savanne zeigt, vom Geparden bis zur Heuschrecke.
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Bauen für den Zoo ist eine Herausforderung. Zuletzt wurde sie mit der Totalsanierung des Vogelhauses aus dem Jahr 1927 gemeistert. Ein Tierhaus muss die Bedürfnisse der Bewohner abdecken, für das Personal praktisch und technisch auf dem neusten Stand sein, wenig Energie verbrauchen, ins Zoobild passen und dem Publikum Platz bieten. Wurde früher lediglich mit natürlichem Licht und gewöhnlichen Lampen gearbeitet, steht heute eine Vielzahl an Beleuchtungsoptionen zur Verfügung. So wird es möglich, den Tropenvögeln auch im Winter einen Zwölf-Stunden-Tag zu gewähren, auch mit Leuchtmitteln, die Wärme und ultraviolette Strahlen abgeben. Nur Dank UV-A- und UV-B-Strahlen können Vögel gewisse Vitamine aufschliessen.
Begegnung von Mensch und Tier im Zoo
Früh begann sich die beharrliche Arbeit des Zolli-Personals zugunsten der Tiere auszuwirken. Die Erkenntnis setzte sich durch, dass Tiere in sozialen Gruppen leben sollten und nicht mehr alleine. Der vierte Direktor des Zoos Basel war 1944 Prof. Dr. Dr. Heini Hediger. Er begründete die moderne Tiergartenbiologie. Der Zoo punktete mit Nachzuchten, die zu Weltsensationen wurden. So glückte Basel 1956 als erstem Zoo weltweit die Zucht des Panzernashorns. Hedigers Nachfolger, Prof. Dr. Dr. Ernst Lang, zog 1959 mit Goma in seiner Familie den ersten in einem europäischen Zoo geborenen Gorilla auf, worüber Medien in aller Welt berichteten. Ernst Lang hat Goma im Zolli noch bis ins hohe Alter von 100 Jahren regelmässig besucht. Beide sind nun verstorben.
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Dass auch im Basler Zoo früher Menschenaffen Velo fuhren und artig an Tischen sitzend ihre Mahlzeiten einnahmen, entsprach der damaligen Ansicht, dass Menschenaffen wie Kinder aufgezogen werden sollten. Der bekannte Basler Zoowärter Carl Stemmler, der mehrere Bücher verfasste, beobachtete genau und war überzeugt, dass etwa Velofahren dem Wohl der Tiere diene. Er arbeitete von 1927 bis 1964 im Zolli und wollte die Tiere zum Spiel und zur Bewegung animieren, da sie mit der Nahrungssuche unterbeschäftigt seien – ein wichtiger Punkt, der sich weiterentwickelt hat. Heute wird der Lebensraum der Tiere bereichert, auch indem sie ihr Futter im Gehege suchen müssen.
Der Zoo Basel erachte es aus mehreren Gründen für richtig und sinnvoll, auch weiterhin Menschenaffen zu halten, sagt Dr. Pagan. Eines seiner Argumente: «Jeder, der im Zoo einem Menschenaffen in die Augen blickt, der von der fürsorglichen Pflege einer Gorilla-Mutter für ihr Junges berührt ist oder der die fürs Klettern gemachten Füsse eines Orang-Utans genauer studiert, findet in seinem Herzen vielleicht einen Platz für die Tiere.» Und so leben auch heute Schimpansen, Gorillas und Orang-Utans im Zolli in sozialen Gruppen und grossen, kombinierten Innen- und Aussengehegen.
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Der Grundstock an Tieren wurde einst mit Wildfängen gelegt. So war der damalige Zootierarzt und spätere Direktor Ernst Lang fast drei Monate lang in Ostafrika unterwegs und kehrte mit zwei Giraffen, einem Leoparden, einem Gepard, über zweihundert Vögeln und diversen Kleintieren nach Basel zurück. Aus dem ehemaligen Belgisch-Kongo holte er 1955 ein Okapi. Basel ist seit Jahrzehnten für seine Expertise und Zucht der Okapis bekannt. Die Faszination für dieses Tier ist ungebrochen. So ruft an einem warmen Tag im Mai eine Besucherin aus Frankreich: «Oh, c’est merveilleux!», als ein Sonnenstrahl das samtene, dunkle Fell trifft, das zwischen Bambuspflanzen aufscheint.
Die Begegnung und Bezugnahme von Mensch und Tier sind denn auch bis heute die zentralen Punkte, die den Zolli auszeichnen und die niemals durch andere Angebote ersetzt werden können. Weit über eine Million Besuchende jährlich schätzen dies.
SchmökereckeDas Buch zum 150-jährigen Jubiläum des Basler Zoos nimmt die Leserinnen und Leser mit auf einen Rundgang durch die Stadt-Oase und gibt Einblicke inGeschichte und Alltag. Wie sah der Zolli vor 100 Jahren aus, wie hat er sich entwickelt, wer arbeitet im Zoologischen Garten Basel? Das Buch ermöglicht eine vergnügliche und kurzweilige Entdeckung des Zoos, der sich heute dem Naturschutz, der Bildung, Forschung und Erholung widmet.
Jennifer Degen und Lukas Meili: «Die Stadt-Oase neu ent-decken», 256 Seiten, Christoph-Merian-Verlag
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