Kleintierhaltung im Wohnbereich
Kaninchen in der Wohnung halten
Wer keinen Garten hat, muss nicht auf die Kaninchenhaltung verzichten. Es gibt Möglichkeiten, die Hoppler drinnen zu halten. Auch im Wohnzimmer können sie graben, knabbern und rennen.
Die Vorstellung, Kaninchen könne nur halten, wer über Haus und Garten verfüge, ist falsch. Auch in einer Mietwohnung führen sie ein glückliches und langes Leben. So wie Jacky und Fini. Ihre arteignen Bedürfnisse werden berücksichtigt. Die beiden Zwergkaninchen der Rasse Löwenköpfchen können im Stroh mümmeln, im Sand graben, ins Häuschen schlüpfen, auf erhöhte Plätze springen und herumrasen. Sie leben bei Jacqueline Aegerter in Ittigen bei Bern – im Wohnzimmer.
Die Rentnerin sagt: «Die Kaninchen bereiten mir viel Freude. Sie bieten mir Gesellschaft, ich kann Verantwortung für sie übernehmen, und sie geben Zuneigung zurück.» Sie habe immer Kaninchen gehalten. Vor zehn Jahren dann habe ihr ihre Tochter das besondere Gehege gebaut.
Gehege im Wohnzimmer
Es steht an prominenter Lage: Im Wohnzimmer, dort, wo sich Jacqueline Aegerters Leben hauptsächlich abspielt. Eine beschichtete Bodenplatte schützt das Parkett. An Holzrahmen ist Drahtgeflecht befestigt, eine Ecke ist ganz mit Holz geschlossen. Im etwa 1,52 x 1 Meter grossen Gehege hat es eine Wanne mit Stroh, ein Häuschen, Balkone sowie eine Plastikkiste mit Eingang. «Dort drin ist Sand. Die Kaninchen wühlen sehr intensiv», erklärt Jacqueline Aegerter. Ihre Tiere finden Heu in einer Raufe vor und erhalten Pflanzenvollwertstoff-Pellets aus dem Zoohandel sowie Wasser. Die Kaninchen freuen sich weiter über Zweige von Hasel und Weide, die sie benagen. Auch Löwenzahn ist ein Leckerbissen.
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Die eben beschriebene Situation hat sich kürzlich verändert. Das Weibchen ist im hohen Alter von zehn Jahren verstorben. «Ich dachte, dass das Männchen bald danach auch sterben werde, doch es ist nach einer Trauerphase wieder aufgeblüht.» Die Charaktere der Tiere seien unterschiedlich. «Das Weibchen bekam nie genug an Streicheleinheiten, das Männchen will sich nicht anfassen lassen», erzählt die Kaninchenfreundin. Das respektiere sie. Als beide zusammen lebten, habe sie sie täglich nach draussen gelassen. «Einfach dann, wenn sie es wünschten.» Sie hätten es ihr angezeigt, indem beide zum Türchen gekommen seien und sie herausfordernd angeschaut hätten. «Wenn ich abends mal weg musste und spät nach Hause kam, wollten sie immer noch einmal raus.» Sie habe sie dann herumhoppeln lassen und selbst noch einen Tee getrunken. Die Kügelchen, welche die Kaninchen ausscheiden, saugt die Tierhalterin kurzerhand mit einem Kleinsauger ein.
Heute unternehme Jacky seine Runden allein, sitze unter dem Wohnzimmertisch und gehe dann wieder hinein. Auch wenn die Türe zur Wohnung offen sei, würde er das Wohnzimmer nicht verlassen.
Bedürfnisse in der Wohnung abdecken
Hauskaninchen, wie die Löwenköpfchen in Jacqueline Aegerters Wohnung, stammen von Wildkaninchen ab. Bereits in antiken Schriften finden sich Hinweise auf die Kaninchenhaltung in ummauerten Gärten. Vermutlich stammen Wildkaninchen ursprünglich von der iberischen Halbinsel, wurden dann aber in anderen Gegenden Europas ausgesetzt. Um 1606 schrieb der Zürcher Gelehrte Conrad Gessner von verschiedenen Fellfarben der Kaninchen. Das heisst, dass die Domestikation in vollem Gange war. Heute sind in der Schweiz um die 43 Rassen bekannt, vom Zwergkaninchen mit einem Höchstgewicht von 1,5 Kilo bis zum Belgischen Riesen, der etwa 9,5 Kilogramm wiegt und somit grösser als ein kleiner Hund ist.
Wildkaninchen graben gerne in sandiger Erde und leben in Kolonien. Beide Bedürfnisse sind auch bei Hauskaninchen noch vorhanden. Darum ist bei der Wohnungshaltung eine geschlossene Kiste voller Sand ideal. Dort können die Tiere buddeln. Der Sand wird zwar auch zum Eingang hinausgeschleudert, bleibt aber doch, dank des geschlossenen Behälters, mehrheitlich drinnen. Ein Häuschen kommt ihrem Bedürfnis nach Rückzug im Bau nahe, Balkone gewähren einerseits Deckung von oben, die in der Natur durch Vegetation vorhanden ist, dienen aber auch als Ausguckmöglichkeiten. Auch in der Natur setzen sich Kaninchen gerne auf Hügelkuppen, um sich einen Überblick zu verschaffen. Und schliesslich rennen sie herum. Dieses Bedürfnis leben Wohnungskaninchen während des täglichen Auslaufs aus. Sie sollten nur unter Beaufsichtigung nach draussen gelassen werden. Klar, dass Stromkabel für sie nicht erreichbar sein dürfen.
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Die Vergesellschaftung von Kaninchen ist sehr anspruchsvoll. Obwohl sie in Gruppen leben, sind sie unter Menschenobhut teilweise unverträglich. So können nicht wahllos zwei Tiere zusammengesetzt werden. Das könnte zu Beissereien und Verletzungen führen. Damit es klappt, ist ein gut strukturiertes Gehege notwendig, und es ist zudem empfehlenswert, Geschwister aufzunehmen. Auch Jacky und Fini bei Jacqueline Aegerter waren Geschwister, die jung zu ihr kamen. Jacky, das Männchen, ist kastriert. Dies sind gute Voraussetzungen, damit eine Haltung langfristig funktioniert.
Geeignete Rassen
Zur Haltung im Wohnbereich sind Zwergkaninchen oder Farbenzwerge gut geeignet. Zu den Zwergen und Kleinrassen gehört auch das Löwenköpfchen, das sich durch seine attraktiven Langhaarzonen auszeichnet oder die Zwerg- und Kleinwidder, die sich durch Hängeohren von den anderen Rassen unterscheiden. Löwenköpfchen und Widder haben ruhige Charaktere und sind dem Menschen zugetan, wen man sich mit ihnen beschäftigt.
Kaninchen ziehen sich vor der Hitze in ihren Bau zurück. Temperaturen im Winter von 22 °C in der Wohnung sind für sie aber in Ordnung. An heissen Sommertagen kann die Hitze mit Eis in PET-Flaschen, die ins Häuschen gelegt werden, abgemildert werden. Kaninchen, ihren Bedürfnissen entsprechend gehalten, bereiten auch in der Wohnung viel Freude – und sie können zu richtigen Methusalems werden, wie das Beispiel der stets gesunden Tiere von Jacqueline Aegerter zeigt. Oft wird nämlich lediglich von einem Höchstalter von bis zu fünf Jahren ausgegangen.
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