Grenzen setzen
Wann darf der Hund bellen?
Bellt ein Hund häufig, bringt er damit nicht nur die Nachbarn, sondern irgendwann auch Frauchen und Herrchen auf die Palme. Ist jedoch die Ursache gefunden, kann gezieltes Training viel bewirken.
Man sieht es allzu oft: Bellende Hunde, die ihren Halterinnen und Haltern die Schamesröte ins Gesicht treiben, weil ihre Zurechtweisungen allesamt ins Leere laufen. Auch wenn es so scheint, ist die Situation kein Vergleich zu bockigen Teenagern, die Massregelungen gerne auch mal bewusst ignorieren. «Hunde wollen uns gefallen», weiss die Hundeexpertin Karin Laubscher. «Sie müssen nur verstehen, wann das Bellen gewünscht ist und wann eben auch Ruhe richtig ist.»
Damit dies klappt, braucht es zuerst das Verständnis von uns Menschen, weshalb ein Hund überhaupt bellt. «Das Bellen ist für den Hund ein normales Verhalten, welches ihm hilft, zu kommunizieren», erläutert Laubscher. Als Hunde noch hauptsächlich zur Arbeitsentlastung dienten, wurde das Bellen bei der Zucht sogar bewusst gefördert. Welchen Nutzen hätte sonst ein Wach- oder ein Jagdhund, wenn er keine Warnsignale von sich geben würde? Bis heute werden Hunde speziell zu diesem Zweck trainiert. Manche Rassen haben aufgrund einer speziellen Zuchtverwendung intensivere Wachtriebe als andere. Zu einem gewissen Grad steckt dieser jedoch in allen Hunden. Das Bellen komplett abzugewöhnen, wäre also nicht artgerecht, mahnt Karin Laubscher. «Allerdings kann es bei allen Rassen reduziert werden, wenn die Ursache verstanden wird.»
Ursprung des Bellens
Es gibt viele Gründe, weshalb ein Hund bellt. Die Warnung vor Eindringlingen sowie Angst vor Unbekanntem gehören zu den normalen Verhaltensweisen. Manchmal bellt ein Hund auch aus lauter Freude. Diese Art des Bellens ist jedoch meist einfach von Warnrufen zu unterscheiden. Anders bei Schmerzen, Bindungsproblematiken oder Langeweile, die ebenfalls Ursache des Bellens sein können. Ein Hund, der sich sicher in seiner Umgebung fühlt, ausgelastet und zufrieden ist, wird tendenziell weniger bellen, ist sich Karin Laubscher sicher. «Vor allem eine geistige Auslastung hilft, dass ein Hund ruhiger ist», so die Expertin. «Viel Sport macht ihn bloss zum Athleten.»
Kommando für Ruhe
Trotzdem ist es von Vorteil, wenn der Hund beide Kommandos für «Bellen» und «Ruhig» versteht. «Vielfach wird der Hund auf sein Bellen gemassregelt», weiss Hundeexpertin Laubscher aus Erfahrung. «Doch wenn der Hund das richtige Verhalten nicht kennt, bringt eine Korrektur keinen gewünschten Erfolg.» Stattdessen sollte das richtige Verhalten geübt und durch Belohnungen verstärkt werden (Trainings-Tipp in der Box).
Trainings-Tipp Situation: Der Hund bellt immer, wenn jemand an die Tür klopft. Wenn das nicht der Fall ist, Trainings-Tipp bei einem anderen Auslöser anwenden.
1. Bitten Sie eine Bekannte oder einen Bekannten, an die Tür zu klopfen.
2. Sobald der Hund zu bellen beginnt, halten Sie ihm ein Leckerli vor die Nase.
3. Sagen Sie «Ruhig» (oder wie auch immer das Kommando heissen soll).
4. Sobald der Hund nur kurz mit dem Bellen aufhört, loben Sie ihn und geben ihm das Leckerli.
5. Wiederholen Sie diese Übung mit immer längeren Ruhepausen, bevor der Hund das Leckerli fressen darf.
6. Das Alternativverhalten «Ruhig» wird so positiv verstärkt.
Dies kann man weiter üben, indem der Hund nur raus darf, solange er ruhig ist. Ob im Garten, auf dem Balkon oder beim Spaziergang: Beim ersten Bellen wird der Rückzug angetreten. Wenn der Hund ruhig bleibt, wird er gelobt. So versteht er nach und nach, was sein Mensch von ihm erwartet.
«Ein Hund kann sich auch selbst erziehen, wenn er merkt, dass er mit seinem Verhalten nicht zum Ziel kommt», ist es Karin Laubscher wichtig zu betonen. Aus ihrer Erfahrung als langjährige Hundetrainerin weiss sie, dass so ernsthafte Konsequenzen wie ein Wohnungswechsel aufgrund von Fehlverhalten oft vermieden werden können. «Meistens, wenn es dem Hundebesitzer wichtig war, dass der Hund das Bellen lässt, weil es sonst zu Konsequenzen geführt hätte. Dann hat es geklappt!», erzählt sie. Deshalb ist sie davon überzeugt, dass das Bellen bei jedem Hund zu einem gewissen Mass abtrainiert werden kann. Auch ihr eigener kleiner Pomeraian (Zwergspitz) sei sehr stimmgewaltig gewesen, als sie ihn aus dem Tierheim geholt hatte. «Heute ist der junge Hundemann sehr ruhig und selbstbeherrscht», freut sie sich.
Herausfordernde Stadtumgebung
Die meisten Probleme mit Hunden, die viel bellen, entstehen in Siedlungsgebieten, wo viele Menschen an einem Ort wohnen. Karin Laubscher empfiehlt eine direkte Aussprache, um Lösungswege zu besprechen, wenn Hundegebell störend ist. «Ist dies nicht möglich, kann auch die Gemeinde behilflich sein», weiss sie. «Sollten dann wirklich andere Massnahmen notwendig werden, ist zuerst die Polizei zu informieren. Diese wird nach entsprechender Abklärung entscheiden, ob Massnahmen notwendig sind.»
Zum Schluss gibt die Expertin noch einen simplen Tipp: «Wer die Ursache des Bellens erkannt hat, kann versuchen, den Auslöser zu umgehen.» Wenn also ein Hund ständig am Fenster sitzt und Passanten begrüsst, weshalb nicht einfach den Vorhang ziehen?
Karin Laubscher ist Geschäftsführerin der Kynologie Schweiz GmbH – dem Kompetenzzentrum, in dem diverse Berufe rund um Hunde erlernt werden können.
Bitte loggen Sie sich ein, um die Kommentarfunktion zu nutzen.
Falls Sie noch kein Agrarmedien-Login besitzen:
Jetzt registrieren