Herr Fluri, Sie sind Mitinhaber der Naturpflege GmbH (natur-pflege.ch), können Sie das Konzept der Naturpflege mit tierischen Rasenmähern erklären?

Wir wählen der Flächengrösse, der Saison und dem Bewuchs entsprechend die Tierrasse aus. Denn Schafe und Ziegen haben spezifische Fresseigenheiten, die mit dem Pflegeziel, das in der Grünflächenpflege oder dem Naturschutz liegen kann, übereinstimmen müssen. Wir haben für unsere Art der Landschaftspflege eigens den Begriff der «kontrollierten Kurzzeitbeweidung» definiert. Kontrolliert, da die Fläche erst begutachtet wird und die Tiere wie auch der Pflanzenwuchs während der Beweidung ständig überprüft werden. So können sich kein Landschaden und keine Erosion entwickeln. Kurz soll die Beweidung sein, damit der Abfrass gleichmässig verläuft. Die Tiere blieben nicht länger als zehn bis 14 Tage auf einer Fläche. Das ist auch für deren Gesundheit gut, da der Parasitendruck so nicht gross werden kann. Wir füttern nie Heu oder gar Kraftfutter zu, damit die Schafe ihr Futter selber suchen und nicht beginnen rumzuschreien, sobald sie einen Menschen erblicken.

Wie kamen Sie auf diese Geschäftsidee?

Ich bin Landschaftsarchitekt und gestaltete für Auftraggeber wie die Post, die SBB oder private Unternehmen die Grünflächen. Oft konnte ich beobachten, dass die Bauherrschaft nicht über die nötigen Kapazitäten und das notwendige Wissen verfügt, um die Grünflächen längerfristig sinnvoll zu bewirtschaften. Ich wurde auch je länger je mehr Gegner von den Bergen an Grüngut, die entsorgt, vergast oder verbrannt werden müssen. Für diese Probleme suchten wir nach einer Lösung, die in einer finanziell und ökologisch tragbaren Grünpflege bestehen soll. Mit unseren Tieren sind wir zudem leiser und benötigen weniger Arbeitsschritte als mit Maschinen.

Welche Tiere arbeiten mit Ihnen und wieso haben Sie sich für diese Rassen entschieden?

Wir setzen fast nur Pro Specie Rara-Rassen ein, also robuste, genügsame und sehr alte Landrassen. Diese Schafe und Ziegen kommen mit einer breiten und extensiven Futterpalette zurecht, da sie nicht auf Leistung getrimmt sind. Bei uns lebt die grösste Skuddenpopulation der Schweiz. Dazu haben wir auch noch ein paar Tiere mit Jöö-Effekt wie Zebus, Alpakas und Zwergrinder, die, wie Schafe und Ziegen natürlich auch, süss anzusehen sind. Bei uns steht das Tierwohl an erster Stelle, kein Tier darf ausgenutzt werden. Und auch die Transporte müssen absolut korrekt gemacht werden.

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Wie viele Tiere besitzen Sie insgesamt?

An unseren verschiedenen Standorten besitzen wir mittlerweile rund 500 Tiere. 2011 haben wir mit nur neun Spiegelschafen begonnen. Von zwei Personen sind wir auf ein Team von 13 Leuten gewachsen.

Wer sind Ihre Kunden respektive wer profitiert von Ihrem Angebot?

Zu Dreivierteln sind dies öffentliche und halböffentliche Auftraggeber. Dazu gehören Städte, Gemeinden und Kantone, die SBB, Altersheime, Schulen oder die Post. Überwiegend sind wir im Siedlungsgebiet tätig, um Flächen rund um Gebäude oder Infrastruktur zu pflegen. Beim restlichen Viertel handelt es sich um Naturschutzflächen mit hohen Ansprüchen an die Biodiversität.

Worin bestehen die Vorteile, wenn man Schafe eine Wiese abgrasen lässt, anstatt sie zu mähen?

Ein entscheidender Unterschied liegt im Tempo, wir kürzen das Grün in zwei Wochen statt in wenigen Millisekunden. So kann der Kollateralschaden bei den Insekten und der obersten Bodenschicht vermieden werden. Je moderner und hochtouriger ein Mäher, desto grösser ist der Schaden, den er verursacht. Der Tritt der Tiere, die Kot- und Liegestellen ergeben verschiedene Kleinhabitate, und die Weidereste bieten Eiablageorte für Insekten. So können ganz viele Kleinstlebewesen profitieren. Unser System der kontrollierten Kurzzeitbeweidung ist ökologischer und umweltverträglicher gegenüber maschineller Grünflächenpflege.

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Sind Ihre Schafe ganzjährig im Einsatz?

Wir suchen nebst der Beweidung von Frühling bis Herbst auch nach Möglichkeiten für den Wintereinsatz. Das Problem ist, dass wir in der kalten Jahreszeit keinen Vegetationszuwachs haben und dadurch die Gefahr der Überweidung besteht. Gerade verbuschte oder vergandete Flächen können aber gut im Winter beweidet werden. Auch Neophyten können gut ganz früh im Jahr bekämpft werden. Mit den Schafen und Ziegen schaffen wir es, Neophyten an ihrer Ausdehnung zu hindern oder komplett von einer Fläche zu verdrängen.

Wenn die Schafe einige auf einer fremden Weide stehen, wie werden sie dann versorgt?

Alle ein bis zwei Tage werden die Tiere, die Wassertanks und die Zäune durch uns kontrolliert. Wichtig ist auch, dass wir die Beweidung lenken, etwa, indem wir die Flächen unterteilen. Wir haben den Vorteil, dass wir unseren Ertrag über die Weidefläche und nicht die Tierleistung – also Milch oder Fleisch – erwirtschaften müssen.

Sind Ihre Schafe in der ganzen Schweiz im Einsatz oder haben Sie einen eingeschränkten Einsatzradius?

Wir haben unsere Niederlassungen so gewählt, dass wir einen grösstmöglichen Radius abdecken können, ohne lange Transporte. Wir sind im Gebiet Neuenburg – Thun – Bern – Luzern – Olten – Zürich – Winterthur – Basel unterwegs. Wir werden unser Einsatzgebiet noch erweitern, denn die Nachfrage ist gross.