So grau der Himmel, so bunt das Treiben letzten September in den wenigen Strassen von Riffenmatt bei Guggisberg (BE). Über 170 Marktstände säumen die Strassen – es riecht nach «Käsbrätel», Glühwein, gebrannten Mandeln und vielen weiteren Köstlichkeiten. Eine Vielzahl an regionalen Produkten wird an den Ständen zum Verkauf angeboten. Darunter auch Duvets aus Schafwolle, Pullover, Schaffelle und viele weitere Artikel.

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Bereits in den frühen Morgenstunden hat man das Gefühl, das ganze Dorf stehe auf den Beinen. Jung und Alt kaufen an den Ständen ein. Es wird gelacht, gegessen und getrunken, wie es seit Jahrhunderten anfangs September üblich ist. Denn: An jedem ersten Donnerstag des Monats findet die Schafscheid statt.

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Gegen 8 Uhr treten jene Tiere in Sichtweite, welche der Veranstaltung ihren Namen geben. Begleitet vom Klatschen und Rufen des Publikums, Glockengebimmel und Herdenschutzhunden führt Schäfer Michael Friedli rund 150 Schafe durch den Markt, danach geht’s für die Tiere auf eine eingepferchte Weide etwas ausserhalb des Markttrubels. Derweil läuft das Volksfest weiter. Der Regen, der kurz vor Mittag einsetzt, tut der guten Stimmung keinen Abbruch: Das bunte Treiben dauert bis in die späten Abendstunden an.

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Wie alle Jahre – die Coronazeit ausgenommen – lockte der Traditionsanlass auch 2024 tausende Besucherinnen und Besucher nach Riffenmatt. Die Mischung aus bäuerlichem Brauchtum, Volksfest und Marktleben zieht auch Leute von ausserhalb der Region an. Doch für die Einwohnenden der Gemeinde Guggisberg sei die Schafscheid fast ebenso wichtig wie der Nationalfeiertag, sagt Gemeinderatspräsident Niklaus Köpplin. «Der Anlass lockt sehr viele Besucherinnen und Besucher sowie Marktfahrende von nah und fern an. Man trifft viele vertraute Gesichter, was das Vorankommen zwar etwas verlangsamt, aber gerade dies macht die besondere Atmosphäre dieses Anlasses aus.»

Weniger Schafe nach «Wolfknick»

Bis ins Jahr 1662 lässt sich die Schafscheid Riffenmatt urkundlich zurückverfolgen. Ursprünglich diente der Anlass dazu, die Schafe nach der gemeinsamen Sömmerung auf der Alp den jeweiligen Besitzern im Dorf zurückzugeben. «Gleichzeitig fand dann jeweils der Markt statt. Früher haben sich die Leute hier für den Winter eingedeckt», erklärt Gemeindepräsident Niklaus Köpplin. Doch das seien andere Zeiten gewesen. «In den letzten Jahren fand keine Aufteilung mehr statt.» Noch bis vor wenigen Jahrzehnten waren zwei grössere Schafzuchtgenossenschaften in den Traditionsanlass involviert, welche die Schafe von der Alp hinunterführten. «Doch dann hat das Wiederaufkommen des Wolfs in den Genossenschaften für ziemliche Aufruhr gesorgt.» Seither sei die Anzahl der Schafe kontinuierlich gesunken.

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Ein Rückgang, den Bruno Bracher als «Wolfknick» bezeichnet. Seit den Achtzigerjahren organisiert der 72-Jährige den Markt an der Schafscheid. Als er als Marktchef begonnen habe, seien die Zeiten noch andere gewesen, erinnert er sich. «Damals kamen 800 Schafe vom Jaunpass her nach Riffenmatt an die Schafscheid. Das war einfach selbstverständlich.» Für die Schafbesitzer der Region sei die Schafscheid ein unverzichtbares Muss gewesen.

Aus 800 Schafen wurden 150 Tiere des einzelnen Schäfers Michael Friedli, die an der Schafscheid 2024 ihren Auftritt hatten. Doch nun ist Friedli weggezogen. Und mit dem ersten Donnerstag im September nähert sich die nächste Ausgabe des Brauchtums. Ob die Schafscheid 2025 mit Schafen stattfindet, ist wenige Wochen vor dem Anlass noch unklar.

Schafscheid ohne Schafe?

«Es ist schon fast ein Drama», kommentiert Marktchef Bruno Bracher die Situation anfangs Juli – neun Wochen vor der diesjährigen Schafscheid. Nach dem Wolfknick habe es zwar auch schon schwierige Ausgaben des Traditionsanlasses gegeben. In einem Jahr waren nur gerade 80 Schafe mit von der Partie. «Doch momentan stehen wir ohne Schafe da.» Und ohne Schafe habe es noch keinen Schafscheid-Markt gegeben. «Wir versuchen, mit dem Gemeinderat eine Lösung zu finden, dass wir doch noch Schafe herbringen können.» Die Marktfahrenden würden mit Schafen an der Schafscheid rechnen, sagt Bracher. Viele brauche es nicht. «Die Leute freuten sich auch, als nur 80 Schafe an der Schafscheid waren.»

Während Bracher den Markt organisiert, ist der Gemeinderat von Guggisberg mit der Suche nach den Tieren beschäftigt. Keine leichte Aufgabe, wie Gemeindepräsident Niklaus Köpplin verrät. Zwar gäbe es in der Region schon noch Schäfer, welche mehr als genügend Tiere hätten. Aber: «Die meisten kommen erst zu spät von der Alp zurück, also nach dem ersten Donnerstag im September.»

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Seit jeher findet das Brauchtum anfangs September statt – am Veranstaltungsdatum zu rütteln, ist keine Option. Nebst dem Wolf erschwere die Blauzungenkrankheit die Suche nach Schafen noch zusätzlich, sagt Köpplin. «Jene Betriebe, die sich auf Schafe spezialisiert haben, nehmen die Impfung gegen die Krankheit in Angriff. Doch kleinere Betriebe müssen teilweise deswegen aufhören.»

Noch hat der Gemeindepräsident die Hoffnung nicht aufgegeben, dass der Traditionsanlass auch dieses Jahr mit Schafen stattfindet. «Es wäre schon nur toll, wenn jemand mit 20 Schafen kommen würde.» Klar ist: Die Schafscheid 2025 findet statt – mit oder ohne Schafe. Früher oder später werde die Veranstaltung aber ohne die wolligen Tiere auskommen müssen, zeigt sich Köpplin überzeugt. Aber: «Ich bin sicher, dass die Schafscheid Riffenmatt auch ohne Schafe weiterleben wird.»

Schafscheid Riffenmatt 2025Bereits vor der Schafscheid finden am Mittwochabend, 3. September 2025, festliche Anlässe in der Turnhalle statt, um den Traditionsanlass einzuläuten.  Am 4. September 2025, dem Schafscheid-Tag, ist der Waren- und Maschinenmarkt von 8 bis 18 Uhr im Dorf Riffenmatt geöffnet. Zum Ausklang des Tages finden anschliessend verschiedene Festivitäten statt.