Folgt man der Eigistrasse in Wettingen, lässt man das Grau der Stadt schnell hinter sich, rückt näher in die Natur und hin zum Eigihof. Hier wohnt Alexandra Monnerat mit ihrer Familie. Die Bäuerin steht in ihrer Küche, die aber etwas aus der Zeit gefallen zu sein scheint – denn eingeheizt wird hier noch mit Holz. «Als wir hierhergezogen sind, wurde die Küche leicht umgebaut», erzählt die Bäuerin lachend. «Glaub mir, vorher sah dieser Raum noch bescheidener aus! Aber ich mag die Küche trotzdem, sie hat viel Charme.»

Ursprünglich stammt Alexandra Monnerat aus einem bäuerlich geprägten Dorf im Hinterthurgau. Hierher verschlagen hat sie die Liebe. «Als ich das erste Mal in Wettingen war, konnte ich mir nicht vorstellen, hier sesshaft zu werden», erzählt sie lachend. Doch das Leben hielt andere Pläne für sie bereit.

Monnerat war bereits früh fasziniert von Bauernhöfen. «In der Primarschule hatte ich einen Schulschatz, der Bauernsohn war», berichtet sie. Von diesem Zeitpunkt an habe sie ihre Freizeit oft auf dem Hof verbracht. «Ich fand alles grossartig, allem voran die Kühe und das Traktor(mit)fahren. Der Geruch eines Milchviehstalles, von Heu oder frisch gemähtem Gras, Traktorendiesel oder frisch gepflückten Äpfeln – all das macht mich noch heute glücklich.» Später half Monnerat in ihren Schulferien auf anderen Höfen mit. Heute, an ihrem Esstisch im Eigihof, schwelgt sie in Erinnerungen. «Wenn ich jetzt an diese Zeiten zurückdenke, waren die Momente auf dem Bauernhof wohl die glücklichsten meiner Kindheit.»

Die Qual der Berufswahl

Nach der Schule verschlug es Monnerat für ein Jahr ins Welsche. In Sachen Berufswahl habe sie sich lange nicht entscheiden können. «Ich mache viele Sachen gerne gleichzeitig und habe Mühe, mich auf nur etwas zu beschränken.» So absolvierte sie nach ihrem Aufenthalt in der französischen Schweiz «aus der Not heraus» eine kaufmännische Lehre, von der sie viel habe mitnehmen können. Es folgte eine Stelle in der Pharmabranche. «Bei diesem Job hatte ich sehr viele Freiheiten und erhielt auch immer wieder die Möglichkeit, länger auf Reisen zu gehen», erzählt die Bäuerin. Doch trotz aller Freiheiten folgte eine wichtige Erkenntnis. «Irgendwann realisierte ich, dass ich nicht dafür gemacht bin, den ganzen Tag im Büro zu sitzen.» Schliesslich zeigte ihr ein Stelleninserat der Kantonspolizei Zürich, die Aspirantinnen und Aspiranten suchte, neue Perspektiven auf. «Ich habe mich einfach mal beworben», erzählt Monnerat. Und tatsächlich: Nach einer Aushebung, einer einjährigen Ausbildung und einer erfolgreich bestandenen Abschlussprüfung wurde die kaufmännische Angestellte zur Polizistin. «Es ist ein sehr vielseitiger und sinnvoller Job. Man hat viele tolle Begegnungen und Aufgaben und ich habe den Job sehr gerne ausgeführt», schwärmt Monnerat. Die wegweisendste Begegnung dürfte Amédée Monnerat gewesen sein. «Wir haben uns durch die Kantonspolizei kennengelernt. Dort arbeitet er auch heute noch Vollzeit», berichtet die Bäuerin. Nach der Stadt Zürich arbeitete sie in verschiedenen Polizeiposten des Kantons, bis zur Geburt des dritten Kindes noch Teilzeit als Postensachbearbeiterin in Dielsdorf.

Auf dem Hof angekommen

2010 kam die erste Tochter des Paares auf die Welt. Die junge Familie zog nach Wettingen, wo Amédée aufgewachsen ist. «Ich sagte ihm, wenn überhaupt in Wettingen, will ich nur auf dem wunderschönen Herterenhof leben, sonst nirgends», erzählt Monnerat lachend. Dort landeten sie auch. Amédée brachte zu diesem Zeitpunkt bereits einige Ziegen mit; Alexandra arbeitete noch immer zu 20 Prozent bei der Polizei, träumte aber bereits von weiteren Tieren. 2012 und 2014 wurden zwei weitere Töchter geboren. Durch Zufall erfuhr das Paar, dass der Pächter des Eigihofs aufhören will. «Dieser Hof gehört der Ortsbürgergemeinde. Wir meldeten schnell unser Interesse an», erzählt die Bäuerin. So kam es, dass die Familie kurz vor der Geburt des dritten Kindes mit ihrer Stiefelgeissenherde auf den Eigihof gezogen ist.

Während einer Findungsphase hat sich das Paar überlegt, welche Möglichkeiten sich auf dem Eigihof und dem dazugehörigen Land ergeben. «Mein Mann wollte immer Eringerkühe», erzählt Monnerat. «Heute haben wir vier Kühe und zwei Rinder und ein Kalb – und wenn alles klappt, kommen im Winter noch drei weitere Kälber dazu.» Zudem besitzt Familie Monnerat vier Schafe. Die Lämmer, die jeden Frühling geboren werden, werden gegen Jahresende geschlachtet wie auch die zwei bis vier Mastschweine, welche das Sommerhalbjahr auf dem Eigihof leben.

Die Findungsphase beschäftigte Monnerat auch in beruflicher Hinsicht. Bei der Polizei oft mit schwerwiegenden Fällen konfrontiert, sei ihr das Abschalten insbesondere seit ihrer Mutterschaft schwerer gefallen. Und: «Der Aufwand, damit ich einen Tag arbeiten gehen kann, wurde mit drei kleinen Kindern und dem Hof zu gross.» Daher hat sie die Stelle schliesslich aufgegeben.

Auf den Gedanken, die Bäuerinnenschule zu absolvieren, habe sie eine Freundin gebracht. «An einem Infoanlass haben wir zudem herausgefunden, dass unser Hof direktzahlungsberechtigt werden könnte, wenn ich die Ausbildung bestehe», schildert Monnerat. «Denn bis zu diesem Zeitpunkt betrieben wir mit unseren Tieren lediglich ein teures Hobby.»

Doch die Geburt des vierten Kindes veränderte vieles. Der Junge kam mit Cystischer Fibrose zur Welt, einer angeborenen, seltenen Stoffwechselkrankheit. Für Alexandra bedeutete das viele längere Spitalaufenthalte, Sorgen, Ängste und keine Zeit für sich. Gute Freundinnen und ihre Schwiegereltern hätten ihr während dieser Phase sehr geholfen.

Nach zwei Jahren ging es dem Jüngsten langsam besser. So startete Alexandra 2018 im Alter von 39 Jahren die Bäuerinnenschule an der Liebegg. «Es war eine Wohltat, einen Tag weg zu sein und sich mit anderen Themen zu beschäftigen.» Die Ausbildung habe ihr viel gebracht, sagt sie heute. «Auch wenn mein Mann und ich viel gemeinsam besprechen und erledigen, bin ich die Betriebsleiterin vom Eigihof. Daher waren sämtliche Module – sogar trockene wie Buchhaltung und Betriebslehre – interessant für mich.» Dennoch habe sie eher praktische Module wie Produktverarbeitung bevorzugt.

[IMG 2]

Als Projektarbeit baute Monnerat einen alten Bauanhänger zum Hofwägeli um, in welchem sie nach ihrem erfolgreichen Abschluss samstags Fleischprodukte, aber auch Holzofenbrot, Konfitüre und verschiedenste verarbeitete Hofprodukte verkaufte. Sie legte somit das Fundament für die Direktvermarktung sämtlicher Produkte des Hofs. «Das hat viel Anklang gefunden in der Umgebung und wir konnten einen treuen Kundenstamm aufbauen. Der Fachausweis hat mir ermöglicht, mir meine höchstpersönliche Arbeitsstelle zu schaffen, was ein riesiger Gewinn ist.»

Langweilig wird es der Bäuerin nicht. Der Winter ist die strengste Zeit auf dem Eigihof, «weil dann alle Tiere im Stall sind». Im Sommer arbeitet sie nebenbei auch in den Reben. «Das hat mich interessiert und macht mir Freude.» Inzwischen ist sie als Modulexpertin an der Liebegg sowie als Prüfungsexpertin und Kursleiterin für den Fachausweis tätig. «Es ist schön, zwischendurch wieder an der Liebegg zu sein. Besonders schätze ich die vielen tollen Powerfrauen, mit welchen ich immer wieder zu tun habe.» Kaufmännische Angestellte, Polizistin und jetzt Bäuerin – für Monnerat steht fest: «Ich habe mein Glück gefunden und bin stets daran, darauf aufzubauen. Die Ideen gehen mir noch lange nicht aus.»