Wer den Hof von Erika und Hanspeter Kühne im Benken (SG) besucht, der wird mit einem gemütlichen Grunzen begrüsst. Das Empfangskomitee besteht aus Kunekune-Schweinen, allen voran Whanui und Nuri, die neugierig jeden beäugen, der an ihrem weitläufigen Gehege vorbeikommt. Eine Weitere im Bunde, Pakuiti, ist derweilen ganz anders beschäftigt: Sie hat sieben kleine Ferkelchen zu versorgen. Die Kleinen wurden Ende Februar geboren und erkunden bereits fleissig die Welt.

Als Erika Kühne mit dem Futtereimer aus der Scheune kommt, wartet Pakuiti mit ihrer Ferkelschar bereits auf sie. Die gefleckten Schweinchen sind äusserst neugierig und lassen sich von Kühne gerne ausgiebig kraulen, bevor es ans Mittagessen geht: gekochte Rüebli und Kartoffeln. «Kunekunes sind sehr genügsam und fressen praktisch ausschliesslich Gras», erzählt Kühne. Lediglich die Jungtiere und die Muttersauen werden jeweils noch zugefüttert. Kunekunes sind klassische Weideschweine und haben praktisch keinen Wühltrieb, was sie zu idealen Hoftieren macht.

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Dick und rund

Kunekune-Schweine stammen ursprünglich aus Neuseeland, wo sie von den Māori für ihr ruhiges, genügsames Wesen geschätzt werden. Der Name «Kunekune» bedeutet in der Sprache der neuseeländischen Ureinwohner «dick und rund». Wahrscheinlich stammen die Schweine von Hausschweinen ab, die im frühen19. Jahrhundert mit Kaufleuten und Walfängern auf die Insel gelangten. Kunekunes haben relativ kurze Beine und eine kurze Schnauze, weiche Borsten und zwei typische Zäpfchen – die «Piri-Piri» –, die von ihrem Unterkiefer herabhängen. Die Schweine gibt es in praktisch allen Farben und Farbkombinationen, was sich auch bei den Ferkeln aus Pakuitis Wurf zeigt. Das weisse bis hellbraune Fell der Schweinchen ist von schwarzen Flecken durchzogen, sodass sich die Tiere problemlos individuell unterscheiden lassen. Alle sieben Ferkel sind bereits einem zukünftigen Zuhause versprochen, denn so gross die Nachfrage nach den genügsamen Tieren ist, so selten ist die Rasse noch in der Schweiz.

Erst in den 1970er-Jahren kamen die ersten Schweine aus Neuseeland nach Europa. Man vermutet, dass es zu dem Zeitpunkt gerade mal 50 Kunekunes auf der Insel gab. Entsprechend streng wird das Herdebuch geführt, sodass sichergestellt werden kann, dass es weder zu Inzucht noch zur Einkreuzung einer anderen Rasse kommt. «Jede Sau und jeder Eber muss sich einem DNA-Test unterziehen, um die Reinrassigkeit nachzuweisen», berichtet Erika Kühne. Sie und ihr Mannhalten seit acht Jahren Kunekunes und gehören zu den sechs einzigen anerkannten Züchtern der Rasse in der Schweiz. Kennengelernt hat Kühne die Rasse bei der Stiftung Balm, wo sie als Gärtnerin und Betreuerin arbeitet. Hier sorgen die Kunekune-Schweine als Therapietiere für abwechslungsreiche und heitere Stunden unter den Bewohnern, die verschiedene Beeinträchtigungen haben. Das sanfte, neugierige Wesen der Schweine macht sie zu idealen Kandidaten für die tiergestützte Therapie.

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Biologische Unkrautbekämpfer

Auch andere Institutionen sehen in der kleinen Schweinerasse Potenzial. Als reine Weidetiere sind die Kunekune auch für den Rebbau interessant, denn im Gegensatz zu Schafen reichen ihre Köpfe nicht bis zu den saftigen Trauben. Wo Kunekune-Schweine sind, geht es dem Unkraut an den Kragen. David Marchand vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) startete daher 2023 ein Pilotprojekt auf mittlerweile zehn Weingütern in der ganzen Schweiz, um eine herbizidfreie Lösung für die Bodenbepflanzung rund um die Rebstöcke zu finden. Die Schweine sollen während der Weinsaison das Gras pflegen, sodass die Winzerinnen und Winzer weniger zu tun haben. «Ersten informellen Rückmeldungen zufolge loben die Winzer die Schweine», berichtet Marchand. Sie seien bei der Unkrautbekämpfung zwar weniger effizient als Schafe, dafür würden sie aber das ganze Jahr über draussen bleiben können. Im Sommer brauchen die Schweine einen sonnengeschützten Unterschlupf und einen Bereich, in dem sie sich suhlen können.

Bei Familie Kühne beweiden die Kunekunes indes die Wiesen unter den alten Obstbäumen. Noch besser als Gras schmecken ihnen jedoch die Eicheln, die sie nahe dem Waldrand finden. Einmal sei eines der Schweine aus reiner Neugierde sogar bis ins Dorf hinuntergewandert und von einem Bekannten mit einem Anhänger wieder zurück zum Hof gebracht worden. Jeder in der Gegend kennt die Kunekunes von Erika und Hanspeter Kühne und weiss, dass sie sich dort sauwohl fühlen.

AusflugstippKunekune-Schweine und 90 andere Tierarten kann man im Bioparc Genève besuchen. Nebst der neuseeländischen Schweinerasse beherbergt der Park auch alte Nutztierrassen von Pro Specie Rara.

Bioparc Genève, Rte de Valavran 33,
1293 Bellevue

Täglich geöffnet von 9.30 bis 16.00 Uhr
Erwachsene Fr. 10.–, Kinder kostenlos